Schusterbahn
Die Bahnstrecke Stuttgart-Untertürkheim-Kornwestheim
Die als „Schusterbahn“ bekannte Bahnstrecke Stuttgart-Untertürkheim-Kornwestheim ist die einzige schnell reaktivierbare und kostengünstige Schienen-Tangentialverbindung in Stuttgart.
Momentan existiert ein Restpersonenverkehr mit je 3 Zugpaaren im Stundenabstand in der morgendlichen und abendlichen Hauptverkehrszeit, daneben Güterverkehr und einige ICE-„Sprinter“. Es kommt zu häufigen Zugausfällen, da bei hohem Krankenstand/Fahrermangel die Schusterbahn bevorzugt eingestellt wird.
Durch Zugmodernisierung seit März 2017 verfügt die Schusterbahn über S-Bahn-Komfortstandard (u.a. neue Sitze, verbesserte Klimaanlage, Maßnahmen zur Barrierefreiheit).
Die Kapazität für einen durchgehenden Taktverkehr ist grundsätzlich gegeben!
Initiativen der Fraktion DIE LINKE bis 2020
Die Fraktion DIE LINKE in der Regionalversammlung setzt sich seit 2012 für die Wiederbelebung der Schusterbahn ein. Auf Initiative der LINKEN wurden im Stuttgarter Gemeinderat und in den Stuttgarter Bezirksbeiräten entlang der Strecke 2017 Anträge zur Wiederbelebung der Schusterbahn mit großen parteiübergreifenden Mehrheiten angenommen. Auch Stadt und Landkreis Ludwigsburg sowie der Gemeinderat Kornwestheim haben sich einstimmig für die Schusterbahn ausgesprochen.
Nach den gemeinsamen Aktionen mit diversen Beschlußfassungen in Kreis- Gemeinde- und Bezirksbeiräten brachte die Regionalfraktion am 08.09.2017 einen erneuten Antrag zur Reaktivierung ein.
Dieser Antrag wurde nicht wie seit 2012 einfach abgebügelt, sondern gemeinsam mit anderen Anträgen - u.a. von der SPD - am 29.01.2018 behandelt. Dabei beschloß der regionale Verkehrsausschuss eine eingehende Betrachtung der Schusterbahn zusammen mit anderen Schienenstrecken überwiegend im Norden der Region. Bezeichnend war auf dieser Sitzung eine positivere Haltung zur Reaktivierung der Schusterbahn bei allen anderen Fraktionen. Dabei spielten auch die vorangegangenen Beschlußfassungen eine deutlich spürbare Rolle.
Die Verwaltung verzögerte allerdings die Auftragsvergabe und - wie sich erst bei Vorstellung der Betrachtung am 22.05.2019 ergab - verkürzte den Auftrag auf eine Betrachtung ausschließlich bezogen auf eine S-Bahn-Umstellung. Trotzdem waren die Ausführungen des VWI zur Schusterbahn grundsätzlich positiv. Auf dem "Südast" Plochingen-Esslingen ist mit erheblichem Kundengewinn zu rechnen und selbst auf dem "Nordast" Bietigheim-Kornwestheim ist mit einer spürbaren Entlastung der S-Bahn-Linien S4 und S5 zu rechnen und somit auch mittelbar mit einer Entlastung des Hauptbahnhofes als Umsteigeknoten.
Allerdings war auch ein S-Bahn-Umbau fraglich geworden, da sich die DB gegen die notwendigen Bahnsteigerhöhung wandte. Für uns als Regionalfraktion war es nicht akzeptabel, die umfassende Reaktivierung der Schusterbahn wegen eines S-Bahn-Umbaus in die unklare Zukunft irgendwann nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 zu verschieben.
Zu den Haushaltsberatungen 2020 stellten wir basierend auf den Ergebnissen der Betrachtung erneut einen Antrag auf möglichst schnelle Reaktivierung der Schusterbahn. Eine Regionalbahn/Regionalexpress Bietigheim-Plochingen schien aus unserer Sicht ohne größere Eingriffe in die Infrastruktur möglich. Im Gegensatz zu einer S-Bahn sind für eine Regionalbahn im Vorfeld der Bahnhöfe Kornwestheim und Untertürkheim alle notwendigen Gleisverbindungen vorhanden. Der Fahrzeitgewinn von ca. 18 Minuten pro Fahrt sowie die ggü. dem PKW deutlich höhere Reisegeschwindigkeit waren aus unserer Sicht weiterhin schlagende Argumente, so schnell wie möglich die Bahn wieder durchgehend "aufs Gleis" zu bringen. Beschlossen wurde, ein weiteres Gutachten einzuholen.
Auf der Grundlage dieser erneuten Begutachtung des VWI kam dann im Mai 2020 nach intensiven Gesprächen ein interfraktioneller Antrag gemeinsam mit Bündnis90/Grünen, SPD und FDP zustande, mit einigen Änderungen an unserem ursprünglichen Konzept wie die Umdeklarierung der Schusterbahn zu einer Express-S-Bahn S11 mit kleineren Abstrichen beim Takt in den Nebenverkehrszeiten. Auch soll die Linie nun zur schnellen Betriebsaufnahme und Vermeidung hoher Investitionen über den Rangierbahnhof Kornwestheim statt den Personenbahnhof geführt werden. Zum Ausgleich soll möglichst schnell ein Haltepunkt "Kornwestheim W&W" eingerichtet werden, um die hier bestehenden ca. 3000 Arbeitsplätze an den ÖPNV anzubinden. Auch ein weiterer Haltepunkt "Kornwestheim West" westlich des heutigen Bahnhofs ist denkbar. Trotzdem bleibt ein gutes Angebot als Tangentialverbindung mit einer attraktiven Reisegeschwindigkeit, das sein Publikum finden wird. Und wenn die verlängerte S11 entsprechenden Fahrgastzuspruch hat, kann auch der Takt weiter verbessert werden.
Einzige Voraussetzung für eine vollständige Betriebsaufnahme Plochingen-Bietigheim ist der Bau eines zweiten Bahnsteigs am Bahnhof Stuttgart-Münster. Alle anderen Ausbaumaßnahmen können dann Schritt für Schritt erfolgen.
Auf seiner Sitzung am 08.07.2020 beschloss der regionale Verkehrsausschuss dann einstimmig, für die beantragte Reaktivierung der Schusterbahn bis Jahresende von der DB ein Betriebsprogramm erstellen zu lassen. Um erneute Verzögerungen bei der Umsetzung dieses Betriebsprogramms zu vermeiden, hatten wir gemeinsam mit unseren Antragspartnern einen Ergänzungsantrag gestellt, mit dem die Verwaltung verpflichtet wurde, bereits jetzt mit der DB über den notwendigen Ausbau des Bahnhofs Münster zu verhandeln. Auch dieser Antrag wurde angenommen.
Am 08.07.2020 verabschiedete außerdem der Bezirksbeirat Obertürkheim einen interfraktionellen Antrag von LINKE, Grünen, SPD und FDP, in dem die Reaktivierung begrüßt und ein Halt am Bahnhof Obertürkheim verlangt wird.
Im Verkehrsausschuss am 17.03.2020 wurde die Entscheidung über die Betriebsausweitung zum nächsten Fahrplanwechsel auf die geplante Nahverkehrsklausur im Juli 2021 vertagt. Allerdings veranlasst die Regionalverwaltung bereits eine Bestellung bei der DB AG für einen durchgehenden Verkehr ab Dezember 2021, die auf der Nahverkehrsklausur dann - hoffentlich - endgültig bestätigt wird.
Im Sommer 2021 dann bestätigte das Landesverkehrsministerium, dass für die Strecke Kornwestheim–Untertürkheim, die in der Untersuchung des Landes zur Reaktivierung von Schienenstrecken gut abgeschnitten hatte, die Möglichkeit einer 100%-igen Betriebskostenerstattung für die Reaktivierung des Kernabschnittes bestand. Zwingende Voraussetzung war jedoch nochmals eine neue Machbarkeitsstudie. Außerdem war für die notwendige Erweiterung der Infrastruktur – insbesondere des Bahnhofs Münster – eine standardisierte Bewertung notwendig. Vorgezogene Betriebsausweitungen würden zu einer Verschlechterung dieser Bewertung führen ("Ohne-Fall"). Für die Kernstrecke standen ein erheblicher Betriebskostenzuschuss und auch Bezuschussung der Investitionskosten von bis zu 96% auf dem Spiel, sollte der Betrieb ohne vorherige Förderzusage durch das Land ausgeweitet werden. Auch für die Ertüchtigung des Gleisfeldes im Bahnhof Münster könnten Fördermittel des Landes entfallen, sollte der Betrieb zu früh ausgeweitet werden.
Die neue Machbarkeitsstudie wurde im Januar 2023 vom VWI vorgestellt und bestätigte erneut den beträchtlichen verkehrlichen Nutzen der Schusterbahn als schnelle Tangentenverbindung. Außerdem legte sie einen konkreten Vorschlag zum stufenweisen S-Bahn-Ausbau einer S11 Esslingen–Walheim vor. Die erste Stufe, eine Ausweitung der RB 11 auf einen durchgehenden stündlichen Verkehr zwischen Untertürkheim und Ludwigsburg über die Umfahrungstrasse von Kornwestheim, könnte bereits 2026 ohne größere Baumaßnahmen umgesetzt werden. Insbesondere die Regional-fraktionen der CDU und Freien Wähler, die regelmäßig alle unsere Anträge seit 2012 gnadenlos niedergestimmt hatten, inszenierten sich hier als langjährige Unterstützer der Schusterbahn.
Zwar hatte unsere Fraktion aufgrund der Ablehnung einer Bahnsteigerhöhung auf S-Bahn-Niveau seitens der Bahn immer eine Regionalbahnlösung gefordert, doch hatte laut VWI die DB ihre bisherige Ablehnung jetzt plötzlich ohne Begründung aufgegeben. Walheim als neuer Endpunkt ist der Tatsache geschuldet, dass der an sich logische Endhalt Kirchheim am Neckar als nördlichster Punkt des VRS entlang der „Frankenbahn“ keinen Platz für die notwendigen S-Bahn-Abstellflächen bietet. In Walheim wäre dieser vorhanden. Vielleicht ergibt sich aber auch noch eine ganz andere Option für einen S-Bahn-Endpunkt, falls tatsächlich der Kreis Heilbronn die Zabergäubahn wieder reaktiviert. Dann wäre vielleicht im Sinne einer guten Umsteigesituation eine Verlängerung nach Lauffen/Neckar möglich und sinnvoll. Vorläufig jedoch bleibt zu hoffen, dass der erste Schritt nun 2026 umgesetzt wird.
Verlängerungs- und Anschlussmöglichkeiten
- Verlängerung zu den regionalen Knotenpunkten Esslingen bzw. Plochingen sowie Ludwigsburg bzw. Bietigheim
- nördliche Durchbildung bis Markgröningen unter Reaktivierung der Schienenverbindung Ludwigsburg-Markgröningen
- Verknüpfung mit dem Regional- und Fernverkehr der DB und bestehenden Park&Ride-Ressourcen durch Verlängerung dem bis Plochingen im Süden
- Verknüpfung mit dem Stadtbahnverkehr der SSB in Münster (U12) und Ebitzweg (U13)
Vorteile einer Reaktivierung und Verlängerung
- Anschluss an den Regional- und Fernverkehr der DB
- Verkehrsreduzierung in Stuttgart und damit Reduzierung der Feinstaub- und Lärmbelastung
- Erweiterung des ÖPNV-Angebots insbesondere angesichts der ab 2018 drohenden Fahrverbote bei Feinstaubalarm
- umsteigefreie / mit erheblich weniger Umsteigen verbundene Schienenanbindung für über 100.000 Arbeitsplätze, bedeutende Bildungsstandorte und ca. 350.000 Einwohner der Region
- Entlastung der B 10 und weiterer Nord-Süd-„Schleichwege“ parallel zur B10 (z.B. der Augsburger Straße/Neckartalstraße in Stuttgart)
- Verlagerung von Nord-Süd-Pendlerverkehre, von der Strasse auf die Schiene in Esslingen, Fellbach, Remseck und Ludwigsburg
- Entlastung der S-Bahnen S1, S4, S5, S6 und des Hauptbahnhofs Stuttgart als Umsteigepunkt durch Vermeidung mehrerer tausend Anfahrten und Umsteigevorgänge pro Tag
Anträge und Presseecho
Interfraktioneller Änderungsantrag zum Beschlussvorschlag Schusterbahn (Interfraktioneller Antrag im Verkehrsausschuss am 17.3.2021)
Die Zeit für die Schusterbahn ist reif! (Interfraktionelle Pressemitteilung, 10.3.2021)
Interfraktioneller Änderungsantrag zur Schusterbahn (Interfraktioneller Antrag im Verkehrsausschuss am 8.7.2020)
Entscheidender erster Schritt bei der Schusterbahn ist getan, jetzt geht es um einen raschen Ausbau der Infrastruktur (Interfraktionelle Pressemitteilung, 2.7.2020)
Neue S-Bahnlinie im Gespräch: Region vor Weichenstellung für Schusterbahn (Stuttgarter Nachrichten, 14.6.2020)
Express-S-Bahn nach Bietigheim? (Bietigheimer Zeitung, 12.6.2020)
Startschuss für die Schusterbahn? (Pressemitteilung, Fraktion DIE LINKE/PIRAT in der Regionalversammlung Stuttgart, 11.06.2020)
Rückenwind für Express-S-Bahn durch den Kreis (Ludwigsburger Kreiszeitung, 7.5.2020)
Der Schusterbahn steht nichts mehr im Wege! (Pressemitteilung, Fraktion DIE LINKE/PIRAT in der Regionalversammlung Stuttgart, 05.05.2020)
S11 Bietigheim-Plochingen – die neue schnelle Express-S-Bahn(Interfraktioneller Antrag an den Verkehrsausschuss der Region Stuttgart am 05.05.2020)
Schusterbahn reaktivieren (Antrag zum Haushalt 2020 der Region Stuttgart am 20.10.2019)
Bahn frei für die Schusterbahn! (Pressemitteilung, Fraktion DIE LINKE in der Regionalversammlung Stuttgart, 21.05.2019)
Schusterbahn vielleicht bald zwischen Ludwigsburg und Esslingen (Stuttgarter Nachrichten, 20.10.2017)
Neue Chance für die Schusterbahn (Ludwigsburger Kreiszeitung, 19.10.2017)
Bedauern über neue Verzögerungen bei der Schusterbahn (Pressemitteilung, 19.10.2017)
Schusterbahn soll für Entlastung sorgen (Stuttgarter Zeitung, 10.09.2017)
Reaktivierung und Verlängerung der Schusterbahn (Pressemitteilung, 08.09.2017)
Schusterbahn" reaktivieren und verlängern(Antrag an den Verkehrsausschuss der Region Stuttgart am 08.09.2017)
Angebotserweiterungen bei der S-Bahn: Schusterbahn nimmt Fahrt auf (Rede von Wolfgang Hoepfner in der Regionalversammlung Stuttgart am 25..09.2013)
Betriebskonzept für die Schusterbahn (Antrag an den Verkehrsausschuss der Region Stuttgart am 22.10.2012)