Pressemitteilung: DIE LINKE/PIRAT kritisiert religiöse Missionierung in der S-Bahn

Die Regionalfraktion DIE LINKE/PIRAT beantragt eine Berichterstattung zur religiösen Plakatmission in der S-Bahn. Dabei bezieht sie sich auf die regelmäßig erscheinenden, teils evangelikalen und aggressiv-missionarischen Botschaften in den Zügen der Regional- und S-Bahn im Verbandsgebiet. Als Auftraggeberin genannt ist die Süddeutsche Plakatmission.



„Die meisten Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens mit Fragen des Glaubens und der Weltanschauung auseinandergesetzt und ihren eigenen Standpunkt gefunden. Sie erwarten zu Recht, dass in einem säkularen Land ihre Überzeugungen respektiert werden. Im öffentlichen Nahverkehr sollten sie nicht ungewollt mit dogmatischen Bibelzitaten konfrontiert werden, die ihre eigenen religiösen oder weltanschaulichen Empfindungen herabsetzen“, betont Christoph Ozasek, Fraktionsvorsitzender von DIE LINKE/PIRAT. Er fordert: „Die Vielfalt der gelebten Werte muss geachtet werden. Wir fordern Richtlinien, die im öffentlichen Nahverkehr die gebotene weltanschauliche Neutralität sicherstellen“.

Regionalrat Wolfgang Hoepfner, Mitglied im Verkehrsausschuss, betont das individuelle Recht auf negative Religionsfreiheit: „Das Recht der Religionsfreiheit beinhaltet immer das Recht, frei von jeglicher Religion zu sein. Dieser Grundsatz wurde bereits 1849 in der Paulskirchenverfassung festgelegt.“ Er unterstreicht: „Werbebotschaften im ÖPNV dürfen nicht dazu genutzt werden, eine spezielle religiöse Überzeugung als Leitkultur darzustellen und für sie zu missionieren. Die S-Bahn soll alle Menschen dazu einladen, sich nachhaltig mobil fortzubewegen, ungeachtet ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung.“

Die 1972 gegründete Süddeutsche Plakatmission verbreitet ihre Bibelbotschaften hauptsächlich in S-Bahnen und Bussen, teils finanziert durch private Spenden, aber auch aus Mitteln für allgemeine Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg[1]. Bereits 2012 wurden Verbindungen zum bundesweiten Netzwerk Evangelische Allianz in Deutschland (EAD), bestehend aus Vertretern evangelikaler Bewegungen in den Evangelischen Landeskirchen, Freikirchen, Gemeinschaften und freien Werken aus verschiedenen Konfessionen und Denominationen aufgezeigt, die unter anderem Lobbytätigkeit im Deutschen Bundestags betreibt. Weitere Verbindungen der EAD und ihrer Untergruppierungen lassen sich zur evangelikal ausgerichteten World Evangelical Alliance zurückverfolgen, die auch Kreationisten eine Heimat bietet[2].

2012 wandte die Deutschen Bahn noch ein, dass ihre Werbepartner Motive genehmigen würden, die inhaltlich mit bestehendem Recht und Gesetz vereinbar wären. Es würden nur Motive abgelehnt, mit denen fanatische Gruppierungen zur Gewalt oder zum Übertritt zur eigenen Glaubensrichtung oder zum Boykott anderer Glaubensrichtungen aufforderten[3]. Die DB weigerte sich jedoch 2019, Werbung für eine säkulare Buskampagne aufgrund "fehlender Neutralität" zu schalten, trat aber gleichzeitig als Hauptsponsor des Evangelischen Kirchentags 2019 auf und stellt nach wie vor Flächen für christliche Werbung an Bahnhöfen und in Zügen zur Verfügung[4].

Bundesweit haben diverse Verkehrsgesellschaften und Landkreise in ihren Nahverkehrsplänen das Problem erkannt und untersagen die Platzierung religiöser Missionswerbung in ihren Zügen und Bussen. Diesem positiven Beispiel möchte DIE LINKE/PIRAT in der Region folgen.

 


[1] Siehe http://www.plakatmission.de/ueber-uns/ und https://www.elk-wue.de/fileadmin/Plan_fuer_die_Kirchliche_Arbeit_2020.pdf, S. 249

[2] Siehe  https://hpd.de/node/12627

[3] Siehe https://hpd.de/node/13198

[4] Siehe https://hpd.de/artikel/deutsche-bahn-untersagt-werbung-fuer-saekulare-buskampagne-16700