Rede zur Umsetzung der Energiewende in der Region Stuttgart
Rede von Christoph Ozasek in der Regionalversammlung Stuttgart am 6.3.2013 zu TOP 1a: Erneuerbare Energien in der Region Stuttgart. Baden-Württemberg ist Entwicklungsland in Sachen Energiewende!
Herr Vorsitzender,
werte Kolleginnen und Kollegen,
Baden-Württemberg ist Entwicklungsland in Sachen Energiewende. Bei der Windkraft trägt der Südwesten auch zwei Jahre nach dem Regierungswechsel die grün-rote Laterne im Vergleich der Flächenländer.
Die abgeschalteten AKWs in Deutschland werden nach der Katastrophe von Fukushima anstatt durch erneuerbare Energien hauptsächlich durch die massive Förderung der Kohleenergie und durch fossiles Gas substituiert. Allein 2013 gehen 5.300 MWh an Leistung aus Steinkohle ans Netz, auch in der Rheinschiene. So kann Energiewende nicht gelingen, so bleibt sie eine leere Worthülse, insbesondere solange die Notwendigkeit zur Energieeinsparung ausgeblendet wird.
Im Verfahren zur Teilplanänderung Wind sind wir alle hoffnungsvoll gestartet. Nun zeigt sich, dass die fehlende Konsequenz auf Seiten der Ministerien und eine politische Blockade in den schwarzen Landratsämtern dazu führt, dass Potentiale nicht gehoben werden können. Die ursprünglich 96 geeigneten Standorte schmelzen regelrecht dahin. Als untere Naturschutzbehörden können die Landratsämter bei der Öffnung der Landschaftsschutzgebiete eine regelrechte Blockade betreiben, und genau die findet statt.
Es muss, damit sie mich richtig verstehen, rote Haltelinien bei der Windenergie geben, besonders beim Natur- und Artenschutz. Aber es kann nicht sein, dass aus offensichtlich taktischen Gründen keine beschleunigende Vereinheitlichung zur fachlichen Beurteilung für die Verordnungsgeber kommt. Hier werden doch Konflikte vor Ort durch eine Verzögerungstaktik bis zur Bundestagswahl gedeckelt. Mit diesem Schlingerkurs der Landesregierung muss endlich Schluss sein, gleiches gilt für die ideologische Blockade bei den Landratsämtern.
Zum Ergebnis der Klage gegen das Land Baden-Württemberg im Fall der Biogasfabrik in Nürtingen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
wie erwartet hat sich der von Ihnen allen am 25. Juli 2012 verabschiedete Kriterienkatalog zu nicht-privilegierten Biogasanlagen als Achillesferse erwiesen. Das Verwaltungsgericht hat aus diesem Katalog den erklärten Willen der Mehrheit der Regionalversammlung herausgelesen, den Aussenbereich für Biogasfabriken grundsätzlich zu öffnen. Sie alle haben damit ihren Teil zu diesem für die Region schmerzhaften erstinstanzlichen Urteil beigetragen. Die Verabschiedung des Katalogs war falsch und es ist bedauerlich, dass dies, abgesehen von uns LINKEN, bis heute keine andere Fraktion erkannt hat (oder sich eingestehen möchte).
Und, werte Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Projekt des Remondis-Imperiums geht es doch nicht um Klimaschutz oder die Energiewende, sondern um Profit.
Diese Biogasfabrik ist überdimensioniert, am Standort überflüssig und schädlich, und letztlich trägt sie unterm Strich nichts zum Klimaschutz bei. Ich möchte nur daran erinnern: 1.600 ha Fläche stünde allein in der Region Stuttgart an Gewerbe- und Industriegebieten zur Verfügung und ausreichend Kapazitäten in ähnlichen Anlagetypen sind längst bei uns vorhanden.
Der Schutz des Grünzugs vor großtechnischen und quasi irreversiblen Infrastruktureingriffen müsste in der Regionalversammlung oberste Priorität haben. Doch leider lassen sich noch immer zu viele von der ökologischen Tarnkappe dieser Anlage täuschen.
Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, dieses Urteil heute anerkennen, dann sollten Sie konsequent sein, und es zukünftig unterlassen in ihren Sonntagsreden den Flächenfraß und die Versiegelung unserer Böden zu bewehklagen. Denn jede Belastung im Aussenbereich ist ein Magnet für weitere Eingriffe. Das haben Sie im Kriterienkatalog selbst als Willensbekundung festgelegt. Kompakte Siedlungsflächen werden so unterminiert. Und sie geben so dem Regierungspräsidium, das im regionalen Grünzug offensichtlich nur eine potentielle Baulandreserve sieht, freie Hand.
Seien sie konsequent, stimmen sie gegen den Beschlussvorschlag und damit für das Berufungsverfahren.
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Beratungsergebnis:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts im Fall der Zielabweichung für die Biogasfabrik in Nürtingen bleibt unangefochten. Mit 54 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen (LINKE, einige Grüne und Teile der CDU-Fraktion) wurde das Urteil von der Regionalversammlung anerkannt.