Rede im Wirtschaftsausschuss zur Stuttgart-21-Kampagne der Region im Vorfeld der Volksabstimmung

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, das, was hier als gelungene, notwendige und erfolgreiche Kampagne gefeiert wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als völlig überteuere Aktion, bei der zudem auch noch eine erhebliche Summe von 90.000 € buchstäblich in den Sand gesetzt wurde.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

 

das, was hier als gelungene, notwendige und erfolgreiche Kampagne gefeiert wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als völlig überteuere Aktion, bei der zudem auch noch eine erhebliche Summe von 90.000 € buchstäblich in den Sand gesetzt wurde.

Zunächst wurde dieses Gremium genötigt, innerhalb kürzester Zeit einer fragwürdigen 1-Mio-€-Kampagne zuzustimmen, die unseres Erachtens der gebotenen Neutralitätspflicht widersprach. Wir haben unsere Kritik von Beginn an deutlich formuliert. Dann wurde unter erheblichem Zeitdruck im Schweinsgalopp eine rechtlich nicht vollständig abgesicherte Konzeption ohne mitschreitende Kontrolle durch den WIV umgesetzt, die darin mündete, dass eben genannter Betrag verbrannt wurde. Wer so locker mit nahezu sechsstelligen Steuerbeiträgen umgeht, dem sprechen wir jegliches wirtschaftspolitisches Verantwortungsbewusstsein ab, gerade vor dem Hintergrund der hohen Schulden- und Vorfinanzierungslasten der Region.

Während andere investive Projekte mit wesentlich geringeren Beträgen in diesem Gremium in epischer Breite diskutiert werden und oft an die Beteiligung Dritter geknüpft werden, leistet sich der WIV in diesem Fall mehrheitlich den Luxus, 1 Mio. für Propaganda locker zu machen.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die neue Landesregierung in ihren Veröffentlichungen zumindest um diese Neutralität bemüht hatte. Die SPD-Fraktion sollte sich hier schon die Frage stellen, ob sie da nicht einem vorauseilenden Gehorsam der S21-Befürworter auf den Leim gegangen ist, gerade im Hinblick auf die gespaltene Position der Parteibasis zum Milliardenprojekt. Und Bündnis90/Grüne sollte den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum sie als Regierungspartei den Kommunen diese grobe Einflussnahme in den Meinungsbildungsprozess erlaubt hat. Hier wurde von vornherein auf den komfortablen Verlust der Volksabstimmung gesetzt. Viele Menschen haben sich wegen ihrer taktischen Manöver von den Parteien abgewandt. Und wer kann es ihnen verübeln? Sie haben ihr zentrales Wahlkampfversprechen gebrochen und die Hoffnungen hunderttausender Menschen in Baden-Württemberg für ihre Wahlkampfzwecke missbraucht.

Da sich die Staatsanwaltschaft einer Untersuchung des in der Landesverfassung verankerten Neutralitätsgebots durch Nichtbefassung entzogen hat, bleibt abzuwarten, welche grundsätzliche Entscheidung der Staatsgerichtshof in dieser Sache treffen wird. Hier sind noch zahlreiche Klagen anhängig und mindestens eine davon befasst sich mit den Vorgaben der Landesabstimmungsleiterin an die Kommunen bzgl. der Objektivitäts- anstatt einer aus der Landesverfassung abgeleiteten Neutralitätspflicht. Unsere Strafanzeige ruht daher, bis der Staatsgerichtshof sich in dieser Angelegenheit äußert.

Wir sind weiterhin der Auffassung, dass die hiesige Staatsanwaltschaft aus politischen Gründen von Ermittlungen absieht. Dieses Verhalten zieht sich beim Konflikt um Stuttgart 21 wie ein roter Faden durchs Programm. Hier gerät der demokratische Rechtsstaat unweigerlich in eine Legitimationskrise.

 

Die aktuellen Enthüllungen und Entwicklungen um Stuttgart 21 und die Neubaustrecke bestätigen uns in unserer Auffassung, dass dieses Projekt unverantwortlich ist. DIE LINKE steht weiterhin an der Seite des Widerstands gegen Stuttgart 21.