Rede zur Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 2010

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrtes Präsidium,

die steuerpolitische Agenda der neuen Bundesregierung setzt einseitig auf breite Entlastungsmaßnahmen für Gut- und Besserverdienende. Damit werden die Haushalte der Länder und Kommunen belastet, und Schulden auf den Rücken der zukünftigen Generationen geladen, um eine Umverteilung zugunsten des bürgerlichen Klientels finanzieren zu können. Oettinger-Thronfolger Mappus, und viele andere, flankieren diese Mär der Wachstumsbeschleunigung durch Steuersenkung mit ihrer ökonomischen Geisterfahrt der Haushaltskonsolidierung in der Krise. Diese Politik ist für uns als Verantwortungsträger der Region greifbar. Ausbleibende Regionalisierungsmittel, sinkendes Steueraufkommen bei den Kommunen - durch den Eingriff in die Gemeinschaftssteuern, Verlagerung von Lasten auf niedrigere Verwaltungsebenen wie bsp. die Wohnkosten für Arbeitslose, und vieles mehr ist Ausdruck dieser Logik. Diese Politik grenzt unsere Handlungsspielräume massiv ein, und macht Kommunalpolitiker zu getriebenen des Lastenmanagements. In vielen Fällen ist es bereits leider ein reines Schuldenmanagement.Nun folgt mit diesem Haushalt die erste Tranche für S21, und damit die unsinnige Belastung der gebeutelten Kommunen durch die Verkehrsumlage. Wir kennen Begräbnisrituale seit tausenden von Jahren. Sie haben stets engen Bezug zur Religion. Ähnlich verhält es sich im Falle des Begräbnisses des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Die Verantwortungsträger predigen ihre dogmatischen Glaubenssätze, setzen sich brutal über die breite Ablehnung der Bevölkerung hinweg, und verweigern sich alternativer Betrachtungsweisen. Aber die zu erwartende Kostenexplosion wird ihnen letztendlich auf die Füße fallen.Stellen sie sich einmal vor, welche Möglichkeiten sich aus der Umwidmung dieser Milliarden für den Ausbau des ÖPNV ergeben würden. Es würde für die Region einen Durchbruch für umweltschonende Mobilität bedeuten. Doch stattdessen setzt man weiter auf das kostspielige Prestigeprojekt. Wir lehnen als LINKE S21 konsequent ab, und hoffen auf das Scheitern an der Finanzierungsfrage.Ich komme zur Beratung der Haushaltsanträge der Gruppen und Fraktionen, und möchte mit einer Verfahrenskritik beginnen. Die Haushaltsverhandlungen in den Fachausschüssen verlaufen ja durchaus kurios. In einem ersten Schritt erfolgt die Prüfung durch die Verwaltung, die daraufhin eine Beschlussfassung entwickelt. Dabei finden die Anträge der CDU-Fraktion zu 100 % die generelle Zustimmung der Verwaltung, während unsere Anträge, oder die der Grünen mindestens zu 2/3 mit Ablehnung quittiert werden. Das ist in meinen Augen Ausdruck einer parteipolitischen Überformung des Prüfverfahrens der Verwaltung. Ich kann das nicht gutheißen.Zum zweiten werden die Inhalte von Anträgen teilweise noch nicht einmal verstanden, und daher fehlerhafte Beschlussempfehlungen abgeleitet. Ich habe das Gefühl, als Mandatsträger nicht unterscheiden zu können, ob ein Antrag aus politischen oder aus fachlichen Gründen abgelehnt wird. Hier scheint mit die Verwaltung zum politischen Kommentator unserer Anliegen zu werden.Unsere Anträge wurden in der Folge mehrheitlich abgelehnt. Doch zumindest wird unser Anliegen zur kundenfreundlichen und kooperativen Vernetzung alternativer Mobilitätsträger in die Überlegungen der Verwaltung einbezogen, auch wenn wir uns dazu eine breit angelegte wissenschaftliche Prüfung erhofft haben.Wir haben innerhalb der LINKEN-Gruppe intensiv über unser Abstimmungsverhalten zu diesem Haushalt beraten. Positiven Projekten innerhalb des Haushalts - beispielsweise im Ausbau des S-Bahnverkehrs - stehen negative Aspekte wie S21 gegenüber. Da es innerhalb unserer Gruppe keinen Abstimmungszwang gibt, wird das Abstimmungsverhalten auf Basis der individuellen Bewertung der einzelnen Haushaltsposten erfolgen. Meine Zustimmung wird dieser Haushalt jedoch nicht finden.Gerne würde ich noch intensiver die verschiedenen Anträge und Haushaltsposten bewerten, jedoch verweigert uns der Ältestenrat eine umfassende Stellungnahme. Überdenken sie bitte zukünftig diese ausgrenzende Handhabe.