Rede zur Hochschulstrategie der Region Stuttgart

Herr Vorsitzender, Frau Wopperer, sehr geehrte Damen und Herren, bei der Lektüre der Sitzungsvorlage fällt einerseits auf, dass hervorgehoben wird, wie stark angeblich die Wirtschaftsregion im Gegensatz zur Hochschul- und Wissenschaftsregion wahrgenommen wird. Andererseits wird die Dichte der Einrichtungen, die Anzahl der Studierenden und die Qualität der Forschungseinrichtung in der Region über den grünen Klee gelobt.

Herr Vorsitzender, Frau Wopperer, sehr geehrte Damen und Herren,

bei der Lektüre der Sitzungsvorlage fällt einerseits auf, dass hervorgehoben wird, wie stark angeblich die Wirtschaftsregion im Gegensatz zur Hochschul- und Wissenschaftsregion wahrgenommen wird.
Andererseits wird die Dichte der Einrichtungen, die Anzahl der Studierenden und die Qualität der Forschungseinrichtung in der Region über den grünen Klee gelobt. Lediglich,  so wird kolportiert, an der richtigen Vermarktungsstrategie mangele es. Ziel sei es, die Außenwahrnehmung zu optimieren und somit eine höhere Akzeptanz zu erreichen mit der Option, „exzellente“ (ein Begriff, der in der Vorlage gleich vier Mal auftaucht) Nachwuchskräfte  für die Wirtschaft und Wissenschaft der Region zu gewinnen.     
Es wundert schon sehr, dass es in der Region in den vergangenen Jahren gelungen ist, trotz einer offensichtlich mangelnden Strategie eine so positive Bilanz wie eben  beschrieben, vorzuweisen.

Wo liegt also das Problem?
Man könnte geneigt sein diese Vorlage als Folge eines ausgewachsenen Minderwertigkeitskomplexes zu betrachten, weil die Region bei der Vergabe der Exzellenz-Stati aus Sicht  der Antragsteller zu kurz gekommen ist.
Allerdings geht es den Initiatoren aus unserer Sicht tatsächlich darum, so schnell wie möglich den Anschluss an eine Entwicklung zu ermöglichen, die DIE LINKE grundsätzlich ablehnt: Es geht um die Herausbildung einer Elitenbildung, wie sie mit der Milliarden schweren Vergabe der Exzellent-Stati in Form von  Zukunftskonzepten, Graduiertenschulen und Exzellenzclustern eingeleitet wurde.
Interessant ist dabei, dass in der jüngeren, vor allem westdeutschen Geschichte bis heute spezielle „Elite-Universitäten“ und bis in die 1970er Jahre politisch inszenierte „Elitendebatten“ nicht existierten.
Was natürlich nicht heißt, dass es in dieser Zeit keine Elitenbildung gab. Während jedoch in den 1950er Jahren die 5% eines Altersjahrganges, die an Universitäten ausgebildet wurden, ohne jeden  Legitimationsaufwand die Elite waren, entwickelten sich in der Folge der Durchsetzung von bildungspolitischen Leitbegriffen wie „Chancengleichheit“, „Bildung für alle“ oder „soziale Öffnung der Hochschule“  eine Meinungshoheit in der Bevölkerung. Ein Prozess, den die deutsche Linke bis hinein in die SPD kritisch-positiv begleitet hat.   
Was seit 2005 mit der Vergabe des Exzellenzstatus passiert, ist die Umkehrung dieses Prozesses. Das elaborierte Wissen einer Gesellschaft auf eine erlesene Schar - nichts anderes meint Elite - zu beschränken, ist schlichtweg vormodern, um nicht zu sagen „reaktionär“.
Unter einem Exzellent-Status einer UNI versteht DIE LINKE etwas völlig anderes:

- Gebührenfreiheit
- Errichtung und Erhaltung von Voll-Universitäten
- Eine verbindliche Finanzierung für alle Unis, statt Sonderfinanzierung von einigen wenigen.
- Keine Fremdfinanzierung und Kommerzialisierung

Wenn Sie schon nicht den Auftrag der Region sehen, für ein gerechteres Bildungssystem in der Region zu sorgen, dann kann es erst recht nicht die Aufgabe dieses Hauses sein, Bildungseliten in der Region zu fördern.
Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.
Ich danke Ihnen für die ungeteilte Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen angenehmen Sommerurlaub.  

(Friedhelm Hoffmann, 20.07.11)