Rede zur Europastrategie der Region Stuttgart

Christoph OzasekRede

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, nun jährt sich das Europakonzept der Region zum zehnten Mal. Ein Anlass, um Bilanz zu ziehen, aber auch neue Handlungsansätze zu definieren. Die Menschen hoffen auf ein geeintes und befriedetes Europa als Sozialunion, sie erwarten einen Integrationsprozess der zu gleichwertigen Lebensverhältnissen führt, soziale und ökologische Standards definiert, den Verbraucherschutz stärkt und soziale Sicherheit stiftet. Die Menschen erwarten aber auch Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

nun jährt sich das Europakonzept der Region zum zehnten Mal. Ein Anlass, um Bilanz zu ziehen, aber auch neue Handlungsansätze zu definieren.

Die Menschen hoffen auf ein geeintes und befriedetes Europa als Sozialunion, sie erwarten einen Integrationsprozess der zu gleichwertigen Lebensverhältnissen führt, soziale und ökologische Standards definiert, den Verbraucherschutz stärkt und soziale Sicherheit stiftet. Die Menschen erwarten aber auch Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit.

Vier große Konfliktlinien zeichnen sich heute in aller Deutlichkeit ab und definieren aus sich heraus die zentralen Handlungsfelder einer regionalen Europastrategie:

Die Weltwirtschaftkrise hat mit voller Wucht den Industriestandort getroffen. Die Folgen sind noch lange nicht ausgestanden. Sie zeigen sich in der fortschreitenden Verschuldung der öffentlichen Hand bei wachsendem privaten Wohlstand. Folge der Krise ist aber auch die beschleunigte Veränderung unserer Arbeitswelt, zu mehr prekärer Beschäftigung und zu einem Verfall der Reallöhne für Normal- und Geringverdiener. DIE LINKE leitet hieraus die Notwendigkeit nach einer sozial-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Strategie der Region ab. Allen Menschen muss dauerhafte Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht werden, mit anständigen Löhnen und gleichen Rechten.

Die Folgen des Klimawandels für die Region wurden in der jüngst erschienenen Vulnerabilitätsstudie deutlich aufgezeigt. Die Region muss nach Auffassung der LINKEN ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm entwickeln mit konkreten Zielen zur Klimagas-Reduzierung.

Der demografische Wandel ist eine immense Querschnitts-Herausforderung in allen Bereichen der regionalen Politik. Insbesondere aber für die Verkehrs- und Siedlungsentwicklung. Hier sind Fortschritte in der Vermeidung des Flächenverbrauchs zu verzeichnen, die Perspektive muss aber letztlich das 0-Wachstum sein.

Die schiere Notwendigkeit einer Energiewende hin zu ökologischer Nachhaltigkeit angesichts der verheerenden Atomkatastrophe in Japan ist offensichtlich. DIE LINKE fordert die zügige Entwicklung einer Energiestrategie mit den Eckpfeilern einer regionalen, dezentralen, erneuerbaren und sozialen Energieerzeugung.

Diese Konfliklinien offenbaren die immensen Herausforderungen und die große ökonomische und ökologische Verletzlichkeit unserer Region.

Doch wie kann eine Europastrategie in Bezug auf diese vier Konfliktfelder wirksam werden? Hierzu 5 Überlegungen:

Der Austausch zwischen den Regionen, auch international, ist ein richtiger Ansatz um best-practice-Modelle und Instrumente zur regionalen Steuerung auszutauschen. Insbesondere in den Bereichen Klimaschutz, Raumplanung und Mobilitätsentwicklung sehen wir hier positive Ansätze. Doch es genügt nicht, im Dialog zu verhaften. Die fruchtbaren Dialoge müssen in wirksame Politik verwandelt werden. Die Projektbezogenheit der bestehenden Ansätze muss in dauerhafte Leitlinien der Region übergehen. Bei der Fortschreibung des Regionalverkehrsplans können wir in den kommenden Jahren ein wegweisendes Szenario planerisch fixieren.

Die Aquise von Fördermitteln aus den europäischen Töpfen läuft sehr erfolgreich. Aber auch hier gibt es unserer Einschätzung nach Defizite. Wir wünschen uns mehr Initiativen zur Förderung von Umwelttechnologien, Energieeinsparung, Klimaschutz, erneuerbare Energien, raum- und klimaschonende Logistik, damit die Region lernen kann Herausforderungen zu meistern. Wir wünschen uns aber auch die Förderung von Projekten aus dem Europäischen Sozialfonds gemeinsam mit den Kommunen, beispielsweise zur modellhaften Schaffung sozialversicherungspflichtiger öffentlicher Beschäftigung. Aber auch hier gilt: Es darf nicht sein, dass zukunftsweisende Ansätze in der schieren Menge an Projekten versanden. Passiert genau das, so hat die Europaarbeit keine nachhaltigen Folgen für unsere Region.

Der Umbau unserer exportorientierten Wirtschaft muss in eine Konversionsstrategie münden, die eine nachhaltige Produktion und gesicherte Arbeitsplätze zum Ziel hat. Wenn bisherige Ansätze der regionalen Europapolitik sich beispielsweise was den Automobilsektor betrifft, im neuen S400 Hybrid ausdrücken, dann ist die Region keinen Schritt vorangekommen. Insbesondere wenn Dieter Zetsche nun gegen ambitioniertere Klimaschutzziele für die Automobilwirtschaft bei der EU opponiert, zeigt sich, dass bei der Überwindung fossilen Denkens sprichwörtlich noch dicke Bretter zu bohren sind. Die exportorientierte Wirtschaft ist Ursache der unausgelichenen Handelsbilanzen in Europa und damit Ursache der Krise u.a. der Mittelmeeranrainer. Es ist auch die Aufgabe der Region auf eine binnenmarktorientierte Wirtschaftsstruktur zu orientieren, um zu einem krisensicheren Modell Europas beizutragen.

Über die Europapolitik muss globales Know-How für den Energiesektor in die Region gebracht werden. Wir wollen, dass in der Region 100 % des Stroms und der Wärme aus regenerativen Energiequellen und Wirtschaftskreisläufen erzeugt wird. Wir fordert die Dezentralisierung der Energiewirtschaft und die Überführung in öffentliches Eigentum und demokratische Kontrolle.

DIE LINKE fordert die soziale Verantwortung der Region ein, gerade weil sich die europäische Politik nicht durch einen Sozialstaatscharakter auszeichnet. Die Region muss soziale, kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe ermöglichen. Deshalb fordern wir weiterhin die Einführung eines Sozialtickets im öffentlichen Verkehr für den VVS, als ersten sozialpolitischen Baustein.

Herzlichen Dank.

(Christoph Ozasek, 20.07.11)