Rede: Glasfaserausbau in der Region

Sebastian Lucke

Rede von Regionalrat Sebastian Lucke in der Regionalversammlung am 20.10.2021 zu TOP 3: Glasfaserausbau in der Region Stuttgart – Bestandsaufnahme und Perspektiven des Gigabitprogramms.


Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin,

sehr geehrter Herr Vorsitzender,

werte Kolleginnen und Kollegen,

Das Internet ist längst eine Lebensader der Informations- und Wissensgesellschaft; eine Lebensader, die in vielerlei Hinsicht die Gesellschaft als solche durchzieht. Leistungsfähige Breitbandnetze sind für die Wirtschaft und Gesellschaft mittlerweile so bedeutend wie Straßen, Schienen, Flüsse, Kanäle, wie Gas-, Wasser und Stromverteilnetze geworden.

Dieses Zitat von Theodor Freiherr von Guttenberg trifft auch nach meiner letzten Rede zu diesem Thema vor 3 Jahren vollumfänglich zu. Traurig ist weiterhin, dass es aus dem Jahr 2009 stammt. Heute, 2 Jahre nach Unterzeichnung der Partnerschaft zwischen der Region Stuttgart und der Deutschen Telekom, müssen wir genau über das Problem reden, vor dem meine Fraktion damals eindringlich gewarnt hat. Was wir aus der privatisierten Verkehrsinfrastruktur kennen, ist beim Thema Breitbandausbau auch in der Region Stuttgart eingetreten: Es zeichnet sich ab, dass unwirtschaftliche Gebiete vor allem im ländlichen Raum unter den Tisch fallen zugunsten eines Ausbaus der Vormachtstellung der Deutschen Telekom mit der alleinigen Kontrolle über Preis und Angebot gegenüber den betroffenen Kommunen und Stadtwerken in der Region.

Das eingangs erwähnte Zitat enthält noch eine weitere notwendige Erkenntnis: der Vergleich von Breitband mit Schienen und Straßen. Denn genau wie wir als Fraktion DIE LINKE.PIRAT die Privatisierung von Verkehrsinfrastruktur, Gas- und Stromversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge an profitorientierte Unternehmen ablehnen, handhaben wir es in Sachen digitaler Infrastruktur. All diese gehören in öffentliche Hand und dürfen nicht privatwirtschaftlichen Interessen unterliegen.

Und genau das ist der ursächliche Knackpunkt, weswegen wir die privilegierte Partnerschaft mit der Deutschen Telekom damals abgelehnt haben. Natürlich braucht die Region besser heute als morgen eine zuverlässige Breitbandversorgung. Wir sind eine Hochschul-, Wissenschafts- und Innovationsregion und das Zuhause von rund 2,7 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die schon längst die Vorzüge von schnellem Internet erkannt haben. Aber um welchen Preis meine Damen und Herren?

Zurück zur Telekom. Hier kann es offenkundig nur eine Leseart der Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden Tim Höttges geben: Die Deutsche Telekom strebt eine Monopolstellung in Sachen Breitbandausbau an und das zum Nachteil der Region Stuttgart und seiner Bürgerinnen und Bürger. Hier rächt sich nun die damalige Entscheidung, auf ein eigenes regionales Backbone-Netzwerk zu verzichten: Die Telekom will die Alleinherrschaft über die Netze haben und die Region Stuttgart hat sich in dieser Sache leider zum Handlanger und Helfer der Telekom gemacht.

Die Frage, welche wir uns alle stellen müssen, lautet daher: Wieso haben wir damals keine eigene Infrastruktur in Kooperation mit den verschiedenen kommunalen Stadtwerken aufgebaut, auf der ein pluralistisches Angebot unterschiedlicher Provider beheimatet hätte sein können? So bleibt für meine Fraktion weiterhin nur die Devise: Breitbandausbau auf jeden Fall, aber in Zukunft besser ohne die Telekom.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.