Antrag: Klimabilanzierung für Infrastrukturvorhaben im Verbandsgebiet

Antrag der Regionalfraktion DIE LINKE/PIRAT, eingebracht am 15.4.2021.


Ergebnis:

Punkt 1+2 werden abgelehnt.
Zu Punkt 3 geht die Verwaltung für mögliches Pilotprojekt aus Landesmitteln auf das Umweltministerium zu.



Die Fraktion DIE LINKE/PIRAT beantragt:

Die Geschäftsstelle berichtet, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um künftig zur Ermittlung der CO2-Bilanz bedeutender Infrastrukturvorhaben zuverlässige Daten zu erheben.

Insbesondere soll im Rahmen einer Amortisationsbilanz der Zeitraum beleuchtet werden, innerhalb dessen die beim Bau einer Infrastruktur anfallenden CO2-Emissionen kompensiert sind.

Die Geschäftsstelle sucht hierzu den fachlichen Austausch mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, und erklärt die Bereitschaft, modellhaft einen CO2-Budgetansatz im Rahmen der gesetzlichen Zuständigkeiten des Verbands Region Stuttgart anzuwenden.

 

Begründung:

Das Pariser Klimaabkommen verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zu einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts, sowie zur regelmäßigen Berichterstattung über die nationalen Fortschritte bei der Dekarbonisierung. Auch die Bundesrepublik und ihre nachgeordneten Gebietskörperschaften sind dem völkerrechtlich bindenden Abkommen verpflichtet. In Baden-Württemberg zeichnet sich nach der Landtagswahl ab, dass, wie vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WBGU) gefordert, ein CO2-Budgetansatz eingeführt wird. Dieses Klimabudget wäre künftig Ausgangspunkt des Klimamonitorings. Wird es überschritten, so scheitert das Klimaabkommen von Paris.

Bereits 2013 hat der Landtag Baden-Württemberg in seinem Klimaschutzgesetz alle kommunalen Gebietskörperschaften verpflichtet, einen angemessenen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu leisten. Bis 2050 sollten die Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg um mindestens 90 % im Vergleich zum Referenzjahr 1990 verringert werden. In der Novellierung 2020 wurde ein Klimaschutzziel von mindestens 42 % Treibhausgasminderung gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 als Zwischenziel formuliert.

In der Konsequenz muss der Verband Region Stuttgart in die Lage versetzt werden, die CO2-Belastung bedeutender Infrastrukturvorhaben zu ermitteln, um der Regionalversammlung eine politische Abwägung zu ermöglichen, ob ein Vorhaben klimapolitisch vertretbar ist oder – etwa zugunsten der Reaktivierung bestehender Schienenstrecken, flächensparender Nachverdichtung, Innenentwicklung oder Umnutzung bestehender Infrastrukturen – aufgegeben werden muss.

Im Zuge der Fortschreibung des Regionalverkehrsplans wurde erstmals ein "CO2-Scoping" eingeführt, das jedoch ausschließlich über die Benutzung der Verkehrsinfrastrukturen Auskunft gab – nicht jedoch über die baubedingten CO2-Emissionen. Um die Verwaltung in die Lage zu versetzen, diesen CO2-Fußabdruck zuverlässig zu ermitteln, muss zunächst festgestellt werden, welche Voraussetzungen innerhalb der Geschäftsstelle für diese Aufgabe zu schaffen sind.

Es gibt im Bereich der CO2-Bilanzierung bereits sehr interessante Ansätze. So wurden beispielsweise in einer Untersuchung zur Klimabilanz geplanter Berliner U-Bahn- und Straßenbahn-Erweiterungsprojekte[1] überraschende Zahlen errechnet, die eine sehr hohe CO2-Bilanz für Tunnelbauprojekte aufzeigen[2]. Auch das Öko-Institut e.V. in Freiburg[3] beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Beitrag von Bau und Unterhalt der Infrastrukturen zum CO2-Verbrauch diverser Verkehrsformen[4] – nur um einige Beispiele zu nennen.

Wir sehen den Regionalverband daher in der Pflicht, in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium, anderen Gebietskörperschaften und Hochschulen seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Reduzierung der CO2-Emissionen verbindlich nachzukommen, wie von unserer Fraktion bereits vor 8 Jahren gefordert (Antrag „Klimaschutz bei Entscheidungsfindungen berücksichtigen“, Antragsnummer P.09 – 701, Herbst 2013).

 


[1]https://klimabilanz-ubahn-tram.de/download/klimabilanz-ubahn-tram.pdf

[2]https://www.tagesspiegel.de/berlin/u-bahn-in-berlin-als-klimakiller-gutachter-stellen-katastrophale-co2-bilanz-fuer-neue-tunnel-auf/26679718.html

[3]https://www.oeko.de/forschung-beratung/themen/mobilitaet-und-verkehr/verkehrsinfrastruktur-mehr-als-schienen-und-strassen

[4]https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/texte_96_2013_treibhausgasemi
ssionen_durch_infrastruktur_und_fahrzeuge_2015_01_07.pdf