DIE LINKE sagt NEIN zur Projekt-Ruine Nadelöhr 21

Werte Kolleginnen und Kollegen, Stuttgart 21 ist ein Fass ohne Boden. Es wird als schwäbisches Schwarzbuch, als Stuttgarter Mega-Elbphilharmonie in die Landesgeschichte eingehen. Die Projektpartner werden in endlosen kräftezehrenden Sitzungen um die Übernahme der Mehrkosten streiten, Milliarden die für die soziale Infrastruktur fehlen werden. Stuttgart ist dabei brandaktuell das beste Beispiel. Der Widerstand wird letztlich Recht behalten - mit oder ohne die Grünen.

Haushaltsrede 07.12.11, Christoph Ozasek
Sprecher Gruppe DIE LINKE


Herr Vorsitzender,
werte Kolleginnen und Kollegen,

DIE LINKE hat in den Haushaltsberatungen der vergangenen Wochen klare politische Schwerpunkte definiert:

Ja zu Investitionen in nachhaltige öffentliche Mobilität und eine lebenswerte Umwelt
Ja zu einem partizipativen Leitbildprozess für eine Nachhaltigkeitsregion Stuttgart, mit dem Ziel der Energieautonomie auf Basis erneuerbarer Energien, umweltschonender Mobilität und der bilanzierten Null beim Ausstoß klimawirksamer Emissionen.
Ja zu einer sozialen Verantwortung der Region, für das Recht auf Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe
Ja zu einer soliden Haushaltsführung. Die Region darf ihre Aufgaben nicht dauerhaft auf Pump finanzieren, immer mehr Schulden - aktuell 67,4 Mio. Euro - und Vorfinanzierungen aufhäufen. Die Zinslasten dürfen die Handlungsfähigkeit der Region nicht dauerhaft lähmen. Insbesondere die neue Landesregierung ist aufgefordert, die unsägliche Praxis der alten Regierung zu beenden und endlich die vorfinanzierten Mittel der Region auszuschütten. Zudem muss die Regierung möglichst bald Aussagen zur Finanzierung von Verkehrsvorhaben nach 2019 treffen, damit die Aufgabenträger verlässlich planen können.
Und letztendlich: Ja zum Ausstieg aus dem Milliardengrab Stuttgart 21.

Werte Kolleginnen und Kollegen, DIE LINKE handelt entlang dieser definierten Grundsätze, denn wir stehen im Gegensatz zu den vielen Phrasendreschern in der Politik verlässlich zu unseren Positionen. In diesem Sinne haben wir einen Wettbewerb der Ideen stets begrüßt und vielen richtigen Anliegen aus ihren Reihen in den vergangenen Wochen unsere Stimme gegeben.

Umgekehrt verhält es sich jedoch mit der Mehrheit in dieser Versammlung. Mit den stupidesten Begründungen wurden unsere Anträge abgeschmettert. So unterstellte beispielsweise der Kollege Zieger für die SPD-Fraktion unseren Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung ein planwirtschaftliches Denken, da im Antrag das Wort „Fahrplan“ zu lesen war. Hoffentlich wissen das auch der ADAC, die Deutsche Bahn und der VVS, Herr Kollege Zieger. Bekanntlich Horte des Kommunismus.

Oder der Kollege Tausch: Seiner Meinung nach ist es nicht akzeptabel, dass Arbeitslose den Arbeitenden den Sitzplatz wegnehmen, deshalb sei ein Sozialticket abzulehnen.
Also Herr Tausch, lesen sie wenigstens die Arbeitslosenstatistik. Dann müssten sie richtigerweise argumentieren, dass arbeitende Arme der abschmelzenden Mittelschicht nicht die Sitze wegnehmen sollen. Aber davon einmal abgesehen sollte sich die CDU-Fraktion ernsthaft überlegen, ob eine solche Argumentation ihrem christlichen Menschenbild überhaupt Rechnung trägt. Mir wäre zumindest nicht bekannt, dass Christus das Brot nur mit seinen zahlungskräftigen Mitmenschen geteilt hätte.

Ihr Signal an uns war wie in den Jahren 2009 und 2010 dasselbe: Wir spielen mit allen, nur nicht mit den LINKEN. Vielleicht kann sich die Mehrheit der Versammlung in den kalten Weihnachtstagen besinnen, dass dieser Ansatz zutiefst unpolitisch und kleingeistig ist.

Am 27.11. fand in Baden-Württemberg die erste Volksabstimmung seit der Länderfusion 1952 statt. Erstmals konnten die Bürgerinnen und Bürger über eine politische Sachfrage direkt entscheiden. Das Ergebnis ist Ihnen allen bekannt. Es stellt sich jedoch die Frage nach der demokratischen Qualität des Meinungsbildungsverfahrens. DIE LINKE hat stets für einen Bürgerentscheid eingestanden, hat die Begehren der Stuttgarterinnen und Stuttgarter von 2007 und 2011 unterstützt. Beide wurden auf unsägliche Art und Weise abgeschmettert.
Zukünftig werden hoffentlich mehr politische Grundsatzfragen über direktdemokratische Instrumente entschieden, auf kommunaler Ebene, wie auch im Land. Doch damit die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in diese Instrumente fassen können, bedarf es fairer Regeln für alle Beteiligten.

Wir sehen in den Tricks und Kunstgriffen der Bürgermeister und Landräte, aber auch des Verbands Region Stuttgart, um letztendlich doch noch eine unmissverständliche Abstimmungsempfehlung gegenüber den Bürgern auszusprechen, klare Fälle von pflichtwidrigem Handeln und Machtmissbrauch. Für die Gegner des Milliardengrabs S21 war es unmöglich gegen eine viele Millionen Euro schwere Kampagne der Projektbefürworter zu bestehen. Arno Luik beschreibt im Stern das Ergebnis völlig zurecht als Sieg des Filzes. Ein Filz aus Politik, Wirtschaft und den Herausgebern der Leitmedien.
Wie auch in diesem Fall waren Lügen schon immer das Schmiermittel jeder Propagandamaschine. In allen Medien wurde in sündhaft teuren Anzeigen über vermeintliche „Milliarden“ an Ausstiegskosten aufgeklärt. OB Schuster drohte allen potentiellen Ja-Sagern per Brief, nach Abgabe der Stimme umgehend in die Hölle zu kommen, und die Region sponsorte Personal und Geld für alle Kampagnenbausteine zusammen. Hier hat Wirtschaftsmacht und Amtsmissbrauch einen fairen politischen Meinungsbildungsprozess unmöglich gemacht. Wir LINKEN finden das inakzeptabel. Deshalb prüfen wir gegenwärtig rechtliche Schritte gegen die Entscheidung, 1 Mio Euro der Region für diese Kampagne zu geben. Wir teilen aufgrund klarer Aussagen der Landesverfassung die Rechtsauffassung der Geschäftsstelle nicht. Wir sehen eine grobe Verletzung des Neutralitätsgebots einer kommunalen Gebietskörperschaft.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

Stuttgart 21 ist ein Fass ohne Boden. Es wird als schwäbisches Schwarzbuch, als Stuttgarter Mega-Elbphilharmonie in die Landesgeschichte eingehen. Die Projektpartner werden in endlosen kräftezehrenden Sitzungen um die Übernahme der Mehrkosten streiten, Milliarden die für die soziale Infrastruktur fehlen werden. Stuttgart ist dabei brandaktuell das beste Beispiel. Der Widerstand wird letztlich Recht behalten - mit oder ohne die Grünen.

Keinen Cent für eine Projekt-Ruine im Herzen Stuttgarts, kein Geld für Nadelöhr 21. DIE LINKE lehnt den Haushaltsplan 2012 ab.