Antrag: Ländle leben lassen – Bruttowohndichtewerte anheben

Antrag der Regionalfraktion DIE LINKE/PIRAT zu den Haushaltsberatungen 2024, eingebracht am 22.10.2023.


Ergebnis:

Abgelehnt im Planungsausschuss am 15.11.2023.



Die Fraktion DIE LINKE/PIRAT beantragt:

Die Regionalversammlung beschließt, im Sinne der im Koalitionsvertrag der Landesregierung festgeschriebenen kurzfristigen Reduktion des Flächenverbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag mit dem Ziel der Netto-Null bis 2035, sowie im Sinne des gemeinsamen Volksantrags "Ländle leben lassen",höhereverbindliche Obergrenzen für den Flächenneuverbrauch festzulegen.

Dazu werden die Ziele der Freiraumsicherung/Bruttowohndichte (2.4.0.8 (Z)) im Textteil des Regionalplans[i] wie folgt angehoben:

  • Oberzentrum und Schwerpunkte des Wohnungsbaus = 130 Einwohner pro Hektar
  • Mittelzentren = 110 Einwohner pro Hektar
  • Unterzentren = 90 Einwohner pro Hektar
  • sonstige Gemeinden mit verstärkter Siedlungstätigkeit = 80 Einwohner pro Hektar
  • Gemeinden beschränkt auf Eigenentwicklung im Verdichtungsraum und der Randzone um den Verdichtungsraum = 70 Einwohner pro Hektar
  • übrige Gemeinden beschränkt auf Eigenentwicklung = 60 Einwohner pro Hektar.

Die Geschäftsstelle bereitet eine Teilplanänderung vor und erstellt hierzu eine Beschlussvorlage für die Regionalversammlung.


Begründung:

Der Flächenverbrauch in Baden-Württemberg ist trotz der von der Landesregierung angestrebten Begrenzung auf 2,5 Hektar pro Tag nach wie vor hoch. Zwar ging der Bodenverschleiß nach 2017 leicht zurück, stieg jedoch ab 2020 wieder deutlich an und ist nach wie vor fast doppelt so hoch wie der Richtwert (2022: 4,6%)[ii]. Der bereits zitierte Volksantrag "Ländle leben lassen" von über 20 Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden[iii] setzt sich dafür ein, die seitens der Landesregierung selbst gesetzten Richtwerte gesetzlich verpflichtend zu machen. Ein erstes positives Zeichen ist hier, dass das Bundesverwaltungsgericht den umstrittenen Flächenfraß-Paragraphen 13b des Baugesetzbuchs (BauGB) am 18.7.2023 als unvereinbar mit europäischem Recht beschied[iv]. Auch stagniert das Interesse an Einfamilienhäusern gegenwärtig aufgrund der allgemein gestiegenen Baukosten sowie der Baukreditzinsen, wodurch die Ausweisung derartig flächenintensiver Wohngebiete an Attraktivität verliert.

Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in der Region bleibt jedoch auf hohem Niveau, insbesondere in Stuttgart, aber auch in den Landkreisen. Diese Situation wird sich laut aktuellen Prognosen bis 2030 noch deutlich durch Zuzug verschärfen[v]. Kompaktere Wohnquartiere, möglichst funktionsgemischt und gemeinwohlorientiert entwickelt, sind hierauf die richtige Antwort. Zu diesem Schluss kommt auch die Architektenkammer Baden-Württemberg und fordert eine Novelle des Baurechts zum Flächensparen[vi].

Flächenschutz und Wohnraumversorgung sind zwei lose Enden, die es zu verbinden gilt. Hierzu hat unsere Fraktion bereits in den Haushaltsberatungen 2015 und 2016 Impulse zur Erhöhung der Bruttowohndichte eingebracht, um Städte und Gemeinden zum flächenschonenden, aber qualitativ hochwertigen Städtebau zu ermutigen. So können Bauproduktionskosten, Infrastrukturkosten und damit auch Mietpreise gesenkt und eine wesentliche Voraussetzung für eine tragfähige ÖPNV- und Schienenanbindung geschaffen werden – Vorgaben, die viele Kommunen bereits freiwillig erfüllen[vii]. Bereits durch geringfügige Anpassungen (z.B. Kettenhäuser statt freistehender Einfamilienhäuser), können selbst Eigenentwicklergemeinden deutlich erhöhte Wohndichten erreichen, die sich in die ortstypische Bebauung einfügen.

Angesichts dieser drängenden Probleme will unsere Fraktion das Thema Bruttowohnflächenverdichtung im aktuellen Haushalt erneut aufgreifen, um die anhaltende und unwiederbringliche Versiegelung hochwertigster Böden in der Region zu verhindern, und dennoch erschwinglichen Wohnraum zu fördern.

 


[i] Siehe https://www.region-stuttgart.org/fileadmin/Verband_Region_Stuttgart/Planung/Dokumente/regionalplan_2009_text.pdf

[ii]https://www.statistik-bw.de/BevoelkGebiet/GebietFlaeche/GB-FV-LR.jsp

[iii]https://www.laendle-leben-lassen.de/

[iv]https://www.bverwg.de/pm/2023/59

[v] Dargestellt u.a. im Wohnbau-Forum für die Region Stuttgart (2017)

[vi] Siehe beispielsweise https://www.akbw.de/themen/presse/archiv-pms/2023/flaechenverschwendung-tabu und https://kraichgau.news/region/c-politik-wirtschaft/flaechenverbrauch-reduzieren-und-baurecht-veraendern_a112205

[vii]https://region-stuttgart.ratsinfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZRsvSekV4YO5h1hK_AZKk_0cHA_q_C_8wl0QK5C2cDAY/Vorlage_-ohne_Beschluss-_PLA12716.pdf