Abschiedsrede zur Regionalperiode 2019-2024

Peter Rauscher

Rede von Peter Rauscher in der Regionalversammlung am 24.07.2024 zu TOP 3: "Wo steht die Region Stuttgart am Ende der 6. Wahlperiode der Regionalversammlung – die Sicht der Fraktionen".



Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Regionaldirektor,
meine Damen und Herren,
werte Kolleginnen und Kollegen,

„Der Abschied von einer langen und wichtigen Arbeit ist immer mehr traurig als erfreulich.“ Diesen Satz schrieb unser Landsmann Friedrich Schiller in einem Brief an seinen Kollegen und Freund Goethe. Ohne uns mit Schiller gleichsetzen zu wollen, möchten meine Fraktion und ich betonen, dass es uns ebenso ergeht.

Wenn ich auf die vergangenen Wahlperioden zurückblicke, dann möchte ich für unsere Fraktion und für mich feststellen: Die Zusammenarbeit von uns mit allen Ebene der Verwaltung, mit der Wirtschaftsförderung und mit unseren Beteiligungsgesellschaften war nicht nur kollegial und gut, sie war vor allem für mich sehr inspirierend. Dafür möchte ich mich heute ausdrücklich bedanken und der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dies weiterhin so sein möge.

Eine persönlich Anmerkung sei mir noch gestattet. Als bekennender Atheist, hatte ich mich im Beirat des Dialogforum der Kirchen besonders wohl gefühlt und wir sollten gemeinsam alles erdenklich tun, dass dieses Dialogforum fortbesteht. Es bietet die Chance, wie kaum eine andere Einrichtung, kommunal- und regionalpolitische Themen ethisch zu betrachten. Dies ist für unsere Arbeit wichtig und sollte erhalten und ausgebaut werden.

Nicht ganz so positiv sieht es jedoch aus, wenn ich die Regionalversammlung betrachte. Mit einigen Fraktionen war eine Zusammenarbeit möglich, und in den letzten Jahren gab es gute und erfolgreiche interfraktionelle Anträge und Initiativen – so beispielsweise zur Schusterbahn, zur Panoramabahn, zur Kultur- und Sportregion, zum Baustoffrecycling oder zur klimaresistenten Stadt- und Ortsentwicklung.

Doch eine solche gute Zusammenarbeit gelang nicht immer. Es gibt Fraktionen, die immer noch der Hufeisentheorie oder der Totalitarismustheorie anhängen und eine Zusammenarbeit mit uns ablehnen. Obwohl diese „Theorien“ in den Sozialwissenschaften längst dort sind, wo sie hingehören, nämlich auf dem Misthaufen, feiern sie hier immer noch ihre fröhlichen Urstände. Und sie prägen teilweise immer noch die Beschlüsse der Regionalversammlung, obwohl sie die Gefahr von rechts relativieren. Das republikanische Frankreich hat uns jüngst
gezeigt, dass es auch anders geht.

Diesen Vorwurf möchte ich an einem Beispiel darstellen: Der Antrag unserer Fraktion, einen Clusterbericht zur Landwirtschaft in der Region zu erstellen, war gut und richtig, wie das Ergebnis jetzt gezeigt hat. Dennoch wurde er mit nur einer Stimme Mehrheit in der Regionalversammlung
verabschiedet, also fast 50 Prozent stimmten dagegen. Dafür unser Respekt und unser Dank, Herr Bopp! Betrachtet man aber die Diskussion zu diesem Antrag, dann zeigte sich doch, dass wenig sachliche Substanz und inhaltliche Begründung hinter der Ablehnung steckte. Ich hoffe, dass in der nächsten Regionalversammlung und in ihren Ausschüssen eine solche peinliche Situation nicht mehr vorkommen wird. Dass sich, so meine Hoffnung, der „Gockel nicht mehr auf dem Mist blähen wird“, sondern sachliche Argumente die Diskussion bestimmen und sich eine Relativierung der rechten Gefahr so nicht weiter fortsetzt.

Jetzt werden Sie sich zu Recht fragen, wie kommt er denn auf den Gockel? Dieser Gockel ist einem Gedicht entnommen, dessen erster Teil viele kennen, jedoch nicht den zweiten Teil.

In dem Gedicht von Eduard Paulus heisst es, über unsere Region:

Der Schiller und der Hegel,
der Schelling und der Hauff,
Das ist bei uns die Regel,
Das fällt uns gar nicht auf.
O wehe, wer geboren ist
Im schönen Land der Schwaben,
Der Gockel bläht sich auf dem Mist,
Den Schiller und den Friedrich List
Hat fremde Hand begraben.

Tun wir gemeinsam also alles, damit keine Gockel mehr die Diskussion in der Regionalversammlung und ihren Ausschüssen bestimmen.

Was wäre noch zu sagen? Über das endlose S-Bahn-Desaster und die Schwierigkeiten im ÖPNV sollte man möglichst wenige Worte verlieren, wenn man auf einer positiven Note enden will. Hier hat sich die Lage in den letzten Jahren extrem zugespitzt, und dank des Stuttgart-21-Chaos und seiner vielfältigen notwendigen Reparaturmaßnahmen in den kommenden Jahren sind die neuen Regionalräte (und die Fahrgäste!) nicht zu
beneiden.

Zu der Zunahme der Stimmen und Sitze der AfD habe ich bereits Stellung bezogen; ich möchte noch einmal betonen, dass es jetzt notwendiger ist denn je, dass alle demokratischen Parteien zusammenarbeiten.

Vielen Dank an meine Fraktion und an unsere tolle Mitarbeiterin Christine
Frasch, an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz herzlichen Dank an die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter - und auf eine gute  neue Wahlperiode.