Ökologische und soziale Energiewende demokratisch gestalten

DIE LINKE will die Region Stuttgart zur Modellregion für nachhaltige Entwicklung machen, und dazu ressourcenleichte Infrastrukturen und nachhaltige Stoffkreisläufe etablieren. Innovative Stadt- und Dorfquartiere sollen gefördert, kommunale Ressourcenstrategien unterstützt und innovatives ökologisches Produktdesign gestärkt werden. Wir wollen den Einsatz kritischer Rohstoffe reduzieren, genauso wie Grundstoffe mit einem schweren ökologischen Rucksack. Insbesondere halten wir die Schaffung eines regionalen Sekundärrohstoffmarktes für notwendig, um auf die absehbaren Ressourcenverknappungen zu reagieren. Wir fordern, dass technische Kreisläufe künftig so gestaltet werden, dass in ihnen nur noch Wertstoffe zirkulieren und am Ende der Nutzungsdauer von Produkten oder Infrastruktur nicht länger Abfall entsteht. So kann vom Gebäude bis zum alltäglichen Gebrauchsgegenstand, angelehnt an biologische Kreisläufe, alles in nachhaltigen Stoffkreisläufen zirkulieren. Dieser innovative Ansatz für ein neues Design wird unter dem Begriff »Cradle­to­Cradle« gefasst.

Bis zum Jahr 2035 muss die Region eine ausgeglichene Klimabilanz vorlegen, um ihren Beitrag zur Erreichung der UN- Klimaziele einzulösen. Das gelingt nur, wenn der Energiebedarf erheblich sinkt und in allen Verbrauchssektoren gänzlich auf Basis regenerativer Energieerzeugung gedeckt wird. Um diese Ziele zu erreichen, sind verbindliche Schritte und ein regionales Energie- und Klimaschutzkonzept (REKLIS) notwendig. Bisher ist DIE LINKE die einzige Kraft, die sich für die verbindliche Umsetzung und Weiterentwicklung des Konzepts REKLIS einsetzt und eine regionale Allianz für Klimaschutzfordert.

Die Region ist noch immer Entwicklungsland in Sachen Energiewende. Importierte fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas, sowie das Atom-kraftwerk Neckarwestheim II – eine ständige Gefahr für die Menschen bis zur geplanten Abschaltung im Jahr 2022 – decken hauptsächlich den Energiehunger der Region. Anstatt die krisengeschüttelte und skandalumwitterte EnBW schrittweise abzuwickeln, ließ die damalige grün-rote Landesregierung zu, dass neue Kohlekraftwerke ans Netz gingen, um die abgeschalteten Atomkraftwerke zu ersetzen. Das hat mit Energiewende und Klimaschutz nichts zu tun. Gleichzeitig erschwerten Grüne und SPD die Übernahme der Versorgungsnetzkonzessionen als finanzielles Rückgrat für konzernunabhängige kommunale Stadtwerke. Genau diese Stadtwerke sind jedoch der Schlüssel, um die Energiewende vor Ort demokratisch zu gestalten, den sozialen und ökologischen Ausgleich sicherzustellen, erneuerbare Energie ans Netz zu bringen, Wertschöpfung und krisensichere Arbeitsplätze in der Wirtschaftsregion zu schaffen und langfristig zu sichern. Die grün-schwarze Landesregierung hat diese Politik nahtlos fortgesetzt.

Leider hat die schwarz-rote Bundesregierung auf Druck der Energiekonzerne in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen, stärker regulierend in die Entwicklung neuer Anlagen zur Einspeisung regenerativer Energie eingreifen zu wollen. Das hat den Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik in der Region weitgehend zum Stillstand gebracht. Wieder einmal zeigt sich, dass die Energiewende nur als Projekt »von unten«, gegen den Druck der Energiekonzerne gelingen kann.

Bei der Windkraft trägt der Südwesten durch eine jahrzehntelange Verhinderungsplanung mit weniger als einem Prozent an der Energieerzeugung auch acht Jahre nach dem Regierungswechsel die rote Laterne im Vergleich der Flächenländer. Trotz der Ausweisung von Windenergievorrangflächen stockt die Entwicklung von Windparks.

Für DIE LINKE ist klar: Die Windenergie wird einen großen Beitrag dazu leisten, dem Klimawandel zu begegnen, die Importabhängigkeit fossiler Energie zu mindern und ökologische Wertschöpfung in die Region zu bringen. Wir setzen uns dafür ein, dass auf Ebene der Regionalplanung die maximal mögliche Fläche gemäss der Vorgaben der Landesregierung für Vorranggebiete und den noch ausstehenden Erkenntnissen aus der Artenschutzbegutachtung ausgewiesen wird, und erst in Genehmigungsverfahren naturschutzfachliche Fragen abschließend geklärt werden: dort wo sie auch hingehören.

Neben der regional bedeutsamen Windenergie unterstützen wir die Weiterentwicklung der Landwirtschaft hin zu ökologischer Produktion, wie wir sie heute schon auf 8 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche finden – mit artgerechter Tierhaltung und lokalen Wirtschafts- und Vermarktungskreisläufen. Dazu gehört für uns die energetische Nutzung biogener Reststoffe in lokalen Kooperationen, die Nutzung von Dachflächen für Photovoltaik, und die Hebung von Erdwärmepotentialen für eine regenerative Wärmeversorgung. Biogasanlagen unter 0,5 MW Leistung können nachhaltig bewirtschaftet werden und speisen sich aus dem lokalen Reststoffaufkommen. Große Biogasfabriken, die Biomassetransporte über hunderte Kilometer voraussetzen, lehnen wir hingegen entschieden ab. Genauso wie den Anbau von Energiepflanzen in ökologisch bedenklichen Monokulturen wie im Falle von Mais und Wintergetreide, die heute schon auf 3 Prozent der regionalen Ackerfläche zu finden sind. Das neue Kreislauf- und Ressourcengesetz im Bund zwingt zur getrennten Erfassung des Biomülls als Rohstoff. Das bietet die Chance, Biogas für die lokale Wärme- und Stromgewinnung zu nutzen.

War ursprünglich die Wasserkraft Energiequelle Nr. 1 in Süddeutschland, so wurden viele Anlagen über die Jahrzehnte mittels Prämien stillgelegt. 40 Prozent der Wasserkraftanlagen sind heute älter als 50 Jahre. Moderne Technik macht kleine Laufwasserkraftwerke jedoch wieder interessant. Deren umweltschonender Ausbau kann einen wichtigen Beitrag zur Grundlast leisten, deshalb fordern wir eine vollständige Potentialanalyse. Durch Förderung der dezentralen Energiespeicherung können die Lastschwankungen im elektrischen Netz ausgeglichen werden. Wasser ist ein Medium zur Energiespeicherung aus überschüssigem Strom, z. B. durch »Power-to-Liquid«. Diese Techniken müssen in der Region Stuttgart erprobt werden, dort wo auch innovative Forschungsverbünde wie das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) beheimatet sind. Denn nur durch dezentrale Energiespeicherung, die die Schwankungen bei der Einspeisung aus erneuerbaren Energien ausgleicht, kann die Energiewende gelingen. Zur Praxiserprobung innovativer Energielösungen muss die Wirtschaftsförderung der Region einen wesentlichen Beitrag leisten. Damit die Städte und Gemeinden die Potentiale der Energiewende erkennen, drängt DIE LINKE auf die Entwicklung von Energienutzungsplänen in allen Kreisen und einen regionalen Wärmeatlas.

Aus der Summe erneuerbarer Energien und Speichertechnologien soll mittelfristig ein virtuelles Kraftwerk Region Stuttgart entstehen, das den Energie- und Wärmebedarf zuverlässig ganzjährig decken kann.