Pressemitteilung: Abkoppelung der Gäubahn vom Hauptbahnhof wäre ein historischer Fehler

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Die Regionalfraktion DIE LINKE/PIRAT lehnt die mehrjährige Abkopplung der Gäubahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof ab und fordert, die Trasse dauerhaft und ohne Unterbrechung für den Betrieb von Schienenverkehr zu erhalten.

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Mit Verweis auf das aktuell von Professor Urs Kramer (Universität Passau) für BUND, Landesnaturschutzverband, Pro Bahn und VCD erstellte Gutachten[i] betont Fraktionsvorsitzender Christoph Ozasek nochmals nachdrücklich die Position von DIE LINKE/PIRAT:

"Die 2025 vorgesehene und völlig unnötige Amputation der Gäubahn vom Hauptbahnhof wäre ein historischer Fehler. 10.000 Bahnreisende wären täglich betroffen – und das voraussichtlich für bis zu 15 Jahre. Störungen der S-Bahn im kritischen Stammast sind ohne die Gleiszuführung kaum beherrschbar."

Das Gutachten stellt klar, dass die Deutsche Bahn (DB) nie eine Genehmigung dafür beantragt hat, die Gäubahn viele Jahre lang vom Hauptbahnhof Stuttgart abzukoppeln. Die gegenwärtige Baugenehmigung für Stuttgart 21 erlaubt dies nicht. Damit ist die DB verpflichtet, die Strecke auch über die geplante Inbetriebnahme von S-21 hinaus zu betreiben. Ursprünglich war geplant, die Strecke von Sommer bis Ende 2025 stillzulegen, und sie im Anschluss über den Flughafen zum Hauptbahnhof zu führen. Nun jedoch muss erst der geplante Pfaffensteigtunnel zwischen dem Flughafen Stuttgart und Böblingen gebaut werden. Der Bund als Auftraggeber rechnet hier mit etwa 13 Jahren Planungs- und Bauzeit. Gegen die vertragswidrige Abkoppelung der Strecke könnten insbesondere betroffene Anrainerkommunen Klage einreichen.

Zwar könnte die DB beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) die Stilllegung der Panoramastrecke der Gäubahn beantragen, doch hält Gutachter Kramer für ausgeschlossen, dass die Freistellung der Strecke vom Eisenbahnbetrieb und die Verwendung der Gäubahn-Flächen für den Wohnungsbau genehmigt wird. Dem stehe ein öffentliches Interesse und der Erhalt einer Umleitung für die S-Bahn entgegen[ii].

Auch Wolfgang Hoepfner, Verkehrsexperte der Regionalfraktion, unterstützt dieses Argument:

"Im Zuge der von der DB geplanten Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr sind weitere Schienenkapazitäten in Stuttgart unabdingbar und bestehende zu erhalten. Eine Abkoppelung der Gäubahntrasse hätte bei Störungen auf der Stammstrecke zwischen Mittnachtstraße und S-Vaihingen einen Verkehrskollaps für den S-Bahnverkehr zur Folge, der auf alle radialenLinien abstrahlt. Bereits heute ist die Panoramatrasse die „Lebensversicherung“ der S-Bahn."

Michael Knödler, PIRAT und Mitglied des Verkehrsausschusses, betont die Zukunftswirksamkeit der bedrohten Strecke:

"Nicht nur ist die Panoramastrecke bereits heute ein essenzielles Stück Schieneninfrastruktur und eine internationale Verbindung in die Schweiz, sie hat außerdem zusätzliches Potenzial, um die angestrebten Zuwächse im Schienenverkehr realisieren zu können. Diese Strecke stillzulegen wäre eine Bankrotterklärung gegenüber der ökologischen Verkehrswende."

Insbesondere die Stadt Stuttgart, Eigentümerin der S-21-Grundstücke, befürwortet die Abkoppelung der Gäubahn, um sich Bauflächen auf dem gegenwärtigen Gleisvorfeld zu sichern. Dabei liegen laut BUND die Gäubahngleise zwar innerhalb des von der Stadt Stuttgart geplanten Rosenstein-Viertels, aber auf Grünflächen, wo sie einer Wohnbebauung nicht im Weg stehen würden. Auch Christoph Ozasek kritisiert diese Haltung gegen die Interessen der Fahrgäste:

"In Stuttgart sollten OB Nopper und Baubürgermeister Pätzold endlich einlenken. Der Rahmenplan Rosenstein ist robust genug, diese Schieneninfrastruktur aufzunehmen. Mit dem Rechtsgutachten von Prof. Kramer zur Betriebspflicht ist klar: ein "Weiter so" darf es nicht geben."

Angesichts der neuen Erkenntnisse hat sich nun auch die Regionalfraktion der GRÜNEN der Auffassung von DIE LINKE/PIRAT angeschlossen und fordert, die Gäubahn auch nach 2025 an den Kopfbahnhof angebunden zu lassen, bis eine Alternative gefunden werden kann.

 

 


[i] Präsentation zum Gutachten: https://www.bund-bawue.de/fileadmin/bawue/Dokumente/Themen/Stuttgart_21/2022-04-28_Vortrag_Kramer_S_21_Gaeubahn.pdf, Presseberichterstattung: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.neue-probleme-fuer-das-projekt-stuttgart-21-gutachter-gaeubahn-muss-weiterfahren.1aa0e90a-5246-414d-9814-5598a0749664.html (Stuttgarter Nachrichten, 29.4.2022).

[ii]StN, 29.4.2022.