Rede zur aktuellen Lage um Stuttgart 21 und das Kombimodell SK 2.2

Heiner Geißler hat Stuttgart 21 das Misstrauen ausgesprochen und die Kombimodellvariante SK 2.2 in die Auseinandersetzung eingebracht. Dies ist das Ergebnis der monatelangen Faktengespräche zwischen Befürwortern und Gegnern des milliardenschweren Bahn- und Immobilienprojekts. Geißler zeigt den Befürwortern damit die rote Karte und versucht mit der Kombivariante als Feigenblatt unter der Überschrift „Frieden in Stuttgart“ seinen beschädigten Ruf wieder herzustellen. Aber seine Parteilichkeit im Faktenprozess wird er sich nicht von den Händen waschen können.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen,

Heiner Geißler hat Stuttgart 21 das Misstrauen ausgesprochen und die Kombimodellvariante SK 2.2 in die Auseinandersetzung eingebracht. Dies ist das Ergebnis der monatelangen Faktengespräche zwischen Befürwortern und Gegnern des milliardenschweren Bahn- und Immobilienprojekts. Geißler zeigt den Befürwortern damit die rote Karte und versucht mit der Kombivariante als Feigenblatt unter der Überschrift „Frieden in Stuttgart“ seinen beschädigten Ruf wieder herzustellen. Aber seine Parteilichkeit im Faktenprozess wird er sich nicht von den Händen waschen können. SK 2.2 ist für DIE LINKE nur ein Sedativum für den Widerstand, deshalb diskutieren wir diese Variante nicht. Sie ist keine ernsthafte Option, trägt sie doch wesentliche Kritikpunkte der LINKEN an Stuttgart 21 weiterhin in sich. Die drei wesentlichen möchte ich kurz darstellen:

Die beschleunigte Anbindung des Flughafens an den Hauptbahnhof ist falsch. DIE LINKE ist der Überzeugung, dass die Verbesserung der Flughafenanbindung den Expansionsdruck auf der Filderebene verstärken wird. Einem weiteren Ausbau des Flughafens stehen wir grundsätzlich ablehnend gegenüber. Eine Intensivierung des Flugverkehrs ist klimapolitisch ein völlig falsches Signal, auch gegenüber der Schiene, deren Stärkung uns allen hoffentlich ein großes Anliegen ist. Auch ist eine weitere Belastung der Filderebene für die Bewohner und Landwirte nicht hinnehmbar. Aus diesem Grund lehnen wir sowohl Stuttgart 21, als auch die Kombilösung SK 2.2 entschieden ab.
Die Kannibalisierung notwendiger Verkehrsprojekte bleibt bei SK 2.2 bestehen. Die Milliarden fehlen für viele wirklich wichtige Ausbauvorhaben in Deutschland, aber besonders in Baden-Württemberg. In der standardisierten Bewertung schneiden viele Schienenpersonenverkehrs- und Schienenlogistikvorhaben deutlich besser ab, die durch Stuttgart 21 auf die lange Bank geschoben werden müssen. Exemplarisch sei nur der Ausbau der Rheintalbahn, die Schließung von Lücken in der Elektrifizierung und die Südbahn genannt. Stuttgart hat einen leistungsfähigen Bahnhof, dessen Kapazität und Effizienz durch eine kostengünstige Modernisierung nochmals deutlich gesteigert werden kann.
Die Beschränktheit der Tunneltrassen blockiert den Ausbau der schienengebundenen Logistik auf Jahrzehnte. DIE LINKE kämpft um die Verlagerung des Massentransits und der Logistik auf die Schiene. Das ist ökologisch sinnvoll und eine schiere ökonomische Notwendigkeit angesichts der Verknappung fossiler Ressourcen. Tunnel blockieren eine Kapazitätserweiterung, deshalb können sie nicht Rückgrat eines wichtigen Bahnknotens wie Stuttgart sein. Zudem sind die Risiken um das Grund- und Mineralwasser auch bei SK 2.2 nicht abschließend ausgeräumt.

Ein weiterer Punkt der Faktengespräche war die Einbettung der S-Bahn in Stuttgart 21, insbesondere bei Notfällen. Hierbei war uns von vornherein klar, dass keine differenzierte Darstellung erfolgt, sondern eine einseitige Beschwichtigung präsentiert wird. Genau dieser Fall ist eingetreten.

DIE LINKE teilt die Auffassung von B90/Grüne, dass der Stresstest für den S-Bahnverkehr im Rahmen des Faktengesprächs nicht bestanden ist, eine deutliche Störung des Gesamtsystems in Verbindung mit massiven Einbußen in der Betriebsqualität für die Fahrgäste die Folgen sind.

DIE LINKE teilt auch die Auffassung, dass der Mischbetrieb eine Achillesverse für das Mobilitätsrückgrat S-Bahn darstellt. Bislang konnte in Konfliktsituationen im Bahnverkehr ein sicherer und weitgehend störungsfreier S-Bahn-Betrieb aufrecht erhalten werden. Dieses große Plus wird mit S21 verloren gehen. Ein Einzelkonflikt wird zwangsläufig zum Konflikt des gesamten Schienenverkehrssystems.

Wir sehen keine wesentlichen Vorteile für den regionalbedeutsamen Schienenpersonenverkehr und im Besonderen für die S-Bahn durch das Milliardenprojekt Stuttgart 21. Es gibt daher auch keine Grundlage für die Beteiligung der Region in Höhe von 100 Mio. Euro an S21, die für wirklich wichtige Ausbau-Vorhaben in der Region fehlen.

Zum Gesamtprojekt Stuttgart 21:

Eine Kostenexplosion jagt die nächste. Nun bei den Stadtbahnhaltestellen Heilbronner Straße und Staatsgalerie in Stuttgart, zuletzt beim Grundwassermanagement. Was schlummert wirklich in den 121 Risiken? Was kommt denn noch bei der Lenkungskreissitzung am kommenden Freitag auf den Tisch? Legt die Bahn endlich konkrete Zahlen zur Kostenexplosion vor? Wir glauben es nicht. Die Deutsche Bahn belügt fortlaufend die politischen Gremien und die Öffentlichkeit in der Kostenfrage.
An sich verwundert uns das nicht. Was mich hingegen verärgert ist, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich dies mehrheitlich gefallen lassen und damit die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nähren und das Vertrauen in die gewählten Volksvertreter beschädigen. Es kann keine Geschäftsgrundlage mit einem Konzern geben, der Gremien und Öffentlichkeit fortlaufend hintergeht.

DIE LINKE ist der Überzeugung, dass die Kostensollbruchstelle längst gerissen ist. Zentrale Optimierungen aus den Faktengesprächen werden nicht finanzierbar sein. Dass wieder einmal die investigativen Redakteure von Report Mainz die geheimen Zahlen auf den Tisch bringen müssen spricht Bände über die Black-Box Deutsche Bahn. Eine Milliarde Euro Mehrkosten wurden in der Finanzierungsvereinbarung 2009 verheimlicht. Selbst Heiner Geißler spricht angesichts der neuen Informationen von „falschen Voraussetzungen“. Der S21-Risikofonds ist längst schwer belastet, obwohl damit unvorhergesehene Kosten im Baufortschritt abgefangen werden sollten. Die Gesamtkosten von 4,52 Mrd. Euro sind doch jetzt schon nur nach Bekanntwerden der offiziellen Kostensteigerungen fast gerissen, obwohl die wirklich kostentreibenden Risikofaktoren im späteren Baufortschritt schlummern. Die Fortführung des Projekts Stuttgart 21 ist unverantwortlich, auch im Hinblick auf die verfassungswidrige Mischfinanzierung.

Es muss endlich ein Schlussstrich gezogen werden. Genau das ist die Aufgabe der Regierungspartei Bündnis 90/Grüne und ihres Ministerpräsidenten Kretschmann. Die Grünen können sich nicht ewig hinter ihrem schlecht verhandelten Koalitionsvertrag und ihrem wackeligen Volksentscheid verstecken. Die Wählerinnen und Wähler haben Ihnen alle Machtinstrumente in die Hand gegeben. Nutzen Sie das Ressortprinzip. Zwingen Sie endlich die Bahn alle Verträge und Dokumente offenzulegen. Prüfen Sie endlich die Verfassungskonformität der Verträge. Hören sie endlich auf, immer mehr Geld in den Milliardenschlund zu schieben.
Fangen Sie endlich an zu Regieren!