Rede zum Haushaltsbeschluss 2025

Marc Dreher

Rede von Marc Dreher (Linke) in der Regionalversammlung Stuttgart am 18.12.2024 zu TOP 1-5: "Beschluss der Haushaltssatzung für das Jahr 2025 mit Haushaltsplan und mittelfristiger Finanzplanung".



Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Regionaldirektor,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

für uns als parteiübergreifende Fraktionsgemeinschaft aus Linken, Piraten und SÖS, aber auch für jeden persönlich als neu gewählter Regionalrat bzw. Regionalrätin, war es unsere erste Haushaltsberatung hier in der Regionalversammlung. Es waren teils kontroverse Diskussionen, die jedoch von fast allen Fraktionen mit dem notwendigen persönlichen Respekt geführt wurden.

Wenn ich nun auf die letzten Wochen der Beratungen zurückblicke, gab es wie so oft Licht und Schatten.

Ich beginne mal mit den erfreulicheren Entwicklungen. Im Bereich des Öffentlichen Nahverkehrs unterstützen wir die Bemühungen, die „Nachtaktiv-Linien“ vor allem auch im ländlichen Raum voranzubringen – gerade dort besteht ein immenser Nachholbedarf, nicht nur im Freizeitverkehr, sondern auch für Nacht- und Schichtarbeitende. Das Gleiche gilt für den On-Demand-Verkehr als Schnittstelle zur S-Bahn.

Ebenso begrüßen wir im Kontext des ÖPNV eine Analyse zu Auslastung und Deckungsgrad der 1. Klasse – welche wir, so viel kann ich schonmal vorwegnehmen, grundsätzlich abschaffen wollen, da diese nicht mehr zeitgemäß ist und wertvolle Kapazitäten innerhalb der S-Bahnen blockiert.

Im Bereich der Regionalplanung stehen wir den verschiedenen Projekten rund um den Landschaftspark positiv gegenüber – dieser ist ein elementarer Bestandteil für eine lebenswerte Region Stuttgart und gerade im Kontext von Klimawandel und Biodiversität von immenser Bedeutung. In diesem Zuge begrüßen wir auch die Anträge zur Wasserqualität des Neckars. Das Thema wurde schon von unserer Vorgängerfraktion letztes Jahr beantragt, wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Schön, dass hier ein Umdenken stattfindet, damit der Neckar endlich im Alltag und in der Freizeitgestaltung der Menschen in der Region ankommt.

Gleichzeitig gibt es Themen, bei denen es unserer Ansicht nach in die falsche Richtung geht.

Der Nordostring, aktuell auch „Grüner Tunnel“ genannt – eher ein Etikettenschwindel, der mit Ökologie oder Klimaschutz nur wenig zu tun hat – wurde in den vergangenen Monaten mit einer groß aufgezogenen Marketingkampagne zahlreicher Unternehmen als neues Heilsversprechen für die Infrastruktur in der Region Stuttgart beworben. Das Projekt lehnen wir weiterhin entschieden ab. Nicht nur, dass der Bau eine eher verkehrserzeugende als -beruhigende Wirkung hätte, gleichzeitig wäre dies mit massiven Eingriffen in wertvolle Böden sowie der Tunnelbau selbst mit einem erhöhten CO²-Ausstoß verbunden. Der eingebrachte Antrag von CDU, FW und FDP auf eine sachgerechte Prüfung lässt sich angesichts der Interessenlagen nur als Vorantreiben dieses Projekts interpretieren, welchem wir klar entgegenstehen.  

Nahezu dieselben Argumente gelten für die Anträge zur Stärkung des Flughafens, welche wir als einzige Fraktion abgelehnt haben. Angesichts der Klimakrise ist die darin formulierte „Stärkung des Flugverkehrs“ der falsche Weg und aus unserer Sicht völlig aus der Zeit gefallen!

Im Bereich der Regionalplanung sollten uns die Äußerungen der Plattform Erneuerbare Energien (PEE) von letzter Woche zu denken geben, die beklagt, dass der Ausbau von Wind- und Solarkraft viel zu langsam vorankomme. Dem schließen wir uns an, und wir werden im nächsten Jahr dafür streiten, diesen Prozess zu beschleunigen, um die Energiewende auch in unserer Region voranzutreiben.

Zuletzt komme ich zu einem meines Erachtens etwas skurrilen Antrag im Wirtschaftsausschuss: Ich stelle mir ernsthaft die Frage, ob der Verband – wie von der FDP beantragt – mit 350.000€ eine Finanzmarktplattform subventionieren soll, obwohl doch gerade in diesem Bereich mehr als genug privates Kapital vorhanden ist? Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, bei aller Liebe zur Wirtschaftsförderung: ob der Finanzsektor nun gerade die Branche ist, welche am Hungertuch nagt und auf staatliche Subventionierung angewiesen ist, das wage ich zu bezweifeln. Man kann von Glück reden, dass die Verwaltung dieses Vorhaben zuerst einmal prüfen möchte und keine Mittel für den Haushalt eingestellt sind.

Wenn wir schon von Branchen reden, die unsere Aufmerksamkeit verdienen, möchte ich gesondert einen unserer Anträge hervorheben: Nämlich den Cluster Report zur regionalen Kultur- und Kreativwirtschaft. Wenngleich (Sub)Kultur einen gesellschaftlichen Wert an sich darstellt und jede Form der Kulturförderung daher begrüßenswert ist, wird in der öffentlichen Diskussion die ökonomische Bedeutung dieses Sektors (z.B. bei der Schaffung von Arbeitsplätzen) meist übersehen und unterschätzt. Daher erscheint es unserer Fraktion sinnvoll, eine vertiefte ökonomische Analyse in Form eines Cluster-Reports Kultur- und Kreativwirtschaft in der Region Stuttgart zu erarbeiten und dies als empirische Grundlage für die zukünftige Ausrichtung der regionalen Kulturförderung zu nutzen. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse die Gespräche der WRS mit den entsprechenden Akteuren nach sich ziehen und werben dafür, einen solchen Bericht zu erstellen.

Ebenso freut es uns, dass die Region nächstes Jahr mit regionalen Initiativen ein Format zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus entwickeln möchte und dies im Kontext des Positionspapiers „Erinnern ist Zukunft“ des Deutschen Städtetags ausrichten wird. Unser Antrag zielte in dieselbe Richtung, weshalb wir froh sind, dass die Region aktiv wird. Ob hierfür die angesetzten 30.000€ ausreichend sind, wagen wir allerdings zu bezweifeln.

Wir haben die von mir beschriebenen positiven und negativen Tendenzen abgewogen und sind nach gründlichen Überlegungen zu dem Entschluss gekommen, dem Haushalt 2025 zuzustimmen. Dies ist eine Wertschätzung unserer Fraktion für die bisherigen Bemühungen und angestoßenen Projekte, obwohl wir gleichzeitig auch betonen möchten, dass wir eine grundlegende sozial-ökologische Wende, wie sie an sich dringend notwendig wäre, leider noch nicht erkennen können. An dieser werden wir als Fraktion in Zukunft arbeiten und in den nächsten 5 Jahren entsprechende Impulse setzen.

An dieser Stelle möchte ich noch unsere Entscheidung zum Antrag der CDU/ÖDP, FW und FDP zum Landesmobilitätskonzept erläutern. Das Gesetz ist sicherlich nicht frei von Schwächen:

Der bürokratische Aufwand für die Kommunen ist erheblich und muss vereinfacht werden, der Mobilitätspass ist noch nicht ausgereift und wirft Fragen zur konkreten Umsetzung auf.

Jedoch bietet das Gesetz trotz dieser Kritik erhebliche Chancen:

Es stellt die richtigen Weichen für eine Verkehrswende (Förderung ÖPNV, Rad- und Fußverkehr).

Der Mobilitätspass – trotz seiner Unzulänglichkeiten – eröffnet die Möglichkeit neuer Finanzierungsinstrumente.

Auch die Zielsetzung der Vision Zero (also keine Verkehrstoten) und Maßnahmen zur Verkehrssicherheit sind wichtige und notwendige Fortschritte.

Deshalb werden wir den Antrag ablehnen.

Zu guter Letzt bedanke ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihre geleistete Arbeit in diesem Jahr und möchte mit einem Zitat von Karl Valentin zur Weihnachtszeit schließen – der ja für seine Sprachkunst bekannt war und den Stress in der Vorweihnachtszeit gut auf den Punkt bringt: Denn „Wenn die stille Zeit vorbei ist, dann wird’s auch endlich wieder ruhiger“. In diesem Sinne wünsche ich frohe Weihnachten und eine hoffentlich wirklich ruhige Zeit zwischen den Jahren.

Vielen Dank.