Rede zum Ausbau der Windkraft in der Region

Christoph Ozasek

Rede von Christoph Ozasek in der Regionalversammlung Stuttgart am 21.9.2011 zu TOP 2: Weitere Vorgehensweise zur regionalplanerischen Steuerung der Windenergienutzung in der Region Stuttgart.

Eine regionale Energiepolitik hat Zukunft, nicht eine europäische oder globale. Deshalb unterstützt DIE LINKE alle Prozesse der Rekommunisierung, der Neugründung konzernunabhängiger Stadtwerke und der Rückholung von Konzessionen. Wir freuen uns, dass zahlreiche Städte und Kommunen in der Region genau diesen Weg beschreiten.



Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,

Baden-Württemberg verändert sich. Es sind kleine Ereignisse, die jedoch in ihrer Gesamtheit eine energetische Revolution definieren. Es ist der Nachbar, der sein Brauchwasser mit Solarthermie erhitzt. Es ist der Landwirt, der Biomasse in Wärme und Strom verwandelt.

Wer heute die richtigen Rahmenbedingungen für Investitionen in erneuerbare Energien herstellt, der schafft Arbeitsplätze und eine sichere und angesichts der Ressourcenverknappung günstige und bezahlbare Energieversorgung für die Zukunft. Gleichzeitig werden Umwelt- und Klimaschäden der Zukunft und Kriege um fossile Energie-Lagerstätten vermieden - Kriege wie im Irak, in Afghanistan oder die zahllosen Bürger- und Sezessionskriege in Afrika. Eine Energiewende stiftet Frieden, allein deshalb ist sie uns LINKEN Verpflichtung.

„Weder eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken noch der Bau neuer Kohlekraftwerke mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung sind notwendig für den Übergang zur erneuerbaren Stromversorgung“. Das sieht nicht nur der Sachverständigenrat für Umweltfragen, das zeigt sich auch daran, dass trotz der Abschaltung von 8 AKWs aus Deutschland weiterhin ein immenser Überschuss an Strom in die EU exportiert wird. Geht es nach der LINKEN, so geht am 31.12.2014 das letzte der maroden deutschen AKWs vom Netz. Denn entgegen der mehrheitlichen Meinung in ihren Parteien sieht DIE LINKE keinen Grund die marktbeherrschenden Energiekonzerne mit Milliardengewinnen aus abgeschriebenen AKWs noch bis 2022 zu mäßten, nein, wir sind der grundsätzlichen Auffassung, dass eine sozial-ökologische Energiewende nur durch die Entmachtung der Energiemonopolisten gelingen kann.
Der Wille der Bürgerinnen und Bürgern und nicht der „shareholder value“ der Aktienbesitzer von EnBW, E.ON, Vattenfall und RWE muss bei der Entscheidung über die zukünftige Energieversorgung im Vordergrund stehen.
Wir wollen, dass Energie künftig dezentral in kleinen, ökologisch verantwortbaren und ökonomisch sinnvollen Einheiten in Verbrauchernähe erzeugt und gespeichert wird. Damit können Leitungsverluste und der Ausbau von kostspieligen Nord-Süd-Trassen vermieden werden, die eine Gelddruckmaschine für Netzgesellschaften darstellen.

Eine regionale Energiepolitik hat Zukunft, nicht eine europäische oder globale. Deshalb unterstützt DIE LINKE alle Prozesse der Rekommunisierung, der Neugründung konzernunabhängiger Stadtwerke und der Rückholung von Konzessionen. Wir freuen uns, dass zahlreiche Städte und Kommunen in der Region genau diesen Weg beschreiten.

Der zügige Ausbau der Windkraft ist ein zentraler Baustein einer nachhaltigen Energieversorgung in Baden-Württemberg und der Region Stuttgart. Unter den Flächenstaaten ist der Südwesten mit einem Anteil der Stromerzeugung durch Windenergie von unter einem Prozent noch das traurige Schlusslicht, weit abgeschlagen hinter vergleichbaren Ländern wie Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfahlen. Gerade einmal 27 Anlagen in 7 von 9 Vorranggebieten speisen in der Region Strom ins Netz ein. In Baden-Württemberg besonders, aber auch in der Region Stuttgart, wurden notwendige Entwicklungen aus ideologischen Motiven heraus unterbunden und notwendige Investitionen nicht getätigt. Das geht insbesondere auf das Konto von CDU und FDP.

Dass hingegen Dutzende neuer Kohlegroßkraftwerke in den nächsten Jahren ans Netz gehen und auf Jahrzehnte den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremsen, das geht mit auf das Konto von SPD und Grünen. Ich bin ja sehr gespannt, wann die grün-rote Landesregierung endlich die Courage besitzt als Großaktionär der EnBW deren Kohlephantastereien zu untersagen. Wer zulässt, dass die Energiekonzerne in den nächsten Jahren 11 GWh an Kraftwerksleistung mit Kohle und Gas ans Netz bringen, der unterläuft alle Klimaschutzziele.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

der Landtag wird das Landesplanungsgesetz ändern und damit den Regionalverbänden die Kompetenz für die Ausschlussgebiete entziehen. Eine nachvollziehbare Entscheidung aus berechtigtem Misstrauen heraus. Dass Regionalverbände teilweise noch nicht einmal ein Vorranggebiet ausgewiesen haben nährt gewiss die Befürchtung einer Blockadepolitik seitens der Regionalverbände gegenüber der neuen Strategie, bis 2020 38 % der Stromproduktion aus EEs zu generieren, darunter die Windkraft mit einem Anteil von 10%.

Bedauerlicherweise erfolgt die Blockade ja bereits durch Frau Merkel, die die Einspeisevergütung zu Lasten der Onshore- auf die teure und risikoreiche Offshore-Windkraft verschoben hat. Uns verunsichert der Verlust der Ausschlussgebiete jedoch nicht. Wo keine Eignung besteht, wird kein Investor in eine Windenergieanlage investieren. Auch im angedachten kommunalen Ausweisungsrecht im Rahmen der Flächennutzungsplanung sehen wir kein reales Konfliktfeld. Eine weiß-grau Planung ist sinnvoll und der Verlust des Instruments der Ausschlussgebiete für die Region verschmerzlich. Schwerer wiegt der zwangsläufige Eingriff in den regionalen Grünzug und die Grünzäsur. Ruft man sich jedoch die geringe Fläche über die wir gerade sprechen vor Augen, und berücksichtigt man die Folgen der Kohleverstromung und Atomkraft auf die Umwelt, so fällt zumindest uns die Abwägung leicht. Und das gilt im Gegensatz zu anderen Parteien nicht erst seit den Kernschmelzen in Fukushima.

Wir beginnen heute eine Teilfortschreibung des Regionalplans im Bereich der Windkraft. DIE LINKE wird sich im weiteren Beratungsprozess für eine möglichst umfassende Ausweisung von Vorranggebieten stark machen.