Rede zu Kriterien für industrielle Biogasanlagen
Rede von Christoph Ozasek in der Regionalversammlung Stuttgart am 25.7.2024 zu TOP 2: Kriterienkatalog zur Ermittlung und Bewertung potentieller Standorte für nicht privilegierte Biogasanlagen.
DIE LINKE will eine dezentrale Energiewende, d.h. lastnahe Erzeugung oder Gewinnung von Wärme und Strom, bzw. Energieträgern. Zentrale Anlagen in industrieller Größenordnung sind nicht unbedingt effizienter, sondern höchstens profitabler, bringen aber immer auch größere Eingriffe und logischerweise auch Widerstände mit sich. Deshalb werden wir bei diesem Anlagentyp jeden Einzelfall genau abwägen.
Herr Vorsitzender,
werte Kolleginnen und Kollegen,
die Priviligierung der Biomassenutzung im Aussenbereich wird im Baugesetzbuch wie auch im Regionalplan als sinnvolle kreislaufwirtschaftliche Fortentwicklung landwirtschaftlicher Betriebe von allen Parteien mitgetragen. Es kommt bei diesen kleinen Anlagen bis zu 0,5 MW Leistung nachvollziehbar das Prinzip der kurzen Wege zur Anwendung. Sie entsprechen damit weitgehend den Kriterien wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit.
Eine Abwägung Freiraumschutz gegen Energiewende im Falle der industriellen Biomassenutzung lassen wir uns aber nicht aufzwingen.
Ich möchte im Folgenden begründen, warum wir eine kritische Haltung zu großtechnischen Biomassenanlagen einnehmen und grundsätzlich die Ansiedlung im Aussenbereich ablehnen:
DIE LINKE will eine dezentrale Energiewende, d.h. lastnahe Erzeugung oder Gewinnung von Wärme und Strom, bzw. Energieträgern. Zentrale Anlagen in industrieller Größenordnung sind nicht unbedingt effizienter, sondern höchstens profitabler, bringen aber immer auch größere Eingriffe und logischerweise auch Widerstände mit sich. Deshalb werden wir bei diesem Anlagentyp jeden Einzelfall genau abwägen. Sinnvoll erachten wir bei industriellen Anlagen z.B. den Bau von Biomüllvergärungsanlagen. Hier ermöglicht das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz mit der getrennten Erfassung von Biomüll ab 2015 eine Steigerung der energetischen Verwertung. Im Grundsatz wollen wir aber den Ausbau kleiner, den Gehöften zugeordneter Biogasanlagen, und keine Biogasfabriken, die einen Markt für Biomasse entstehen lassen.
Industrielle Anlagen zur Biomassenutzung sind große infrastrukturelle Eingriffe. Zum Zeitpunkt der Fortschreibung des Regionalplans wurde der Plansatz 4.2.2.6 als Grundsatz festgeschrieben, der besagt, dass industrielle Biomasseanlagen in Gewerbe- oder Industriegebiete gehören. Heute wird jedoch mit der vorliegenden Fassung des Kriterienkatalogs versucht, eine systematische Rolle rückwärts zu vollziehen. Es wird in der Vorlage darauf verwiesen, dass Abstandsregelungen solche Anlagen im Siedlungsbereich quasi verunmöglichen würden. Und hier widersprechen wir entschieden: Viele Kommunen machen es doch vor, dass eine Ansiedlung in integrierter Lage der Regelfall ist. Wir bleiben daher bei unserer Position: Es gibt keinen Grund den Freiraumschutz aufzuheben. Diese Anlagen gehören in den Innenbereich, nicht auf die grüne Wiese. Dafür stehen aktuell 300 ha Fläche mit Baurecht und weitere 1.300 ha in regionalen Gewerbe- und Industriegebieten zur Verfügung. Leider sind sie, werte Kolleginnen und Kollegen, dem Änderungsantrag der LINKEN im Planungsausschuss nicht gefolgt, den Aussenbereich grundsätzlich auszuschließen.
Mit der Verabschiedung dieses Kriterienkatalogs ermöglichen sie, dass in einem 250 Meter Radius um bestehende Anlagen mit Störwirkung ein neuer Infrastrukturansatz auf der grünen Wiese entstehen kann. Und dieser neue Infrastrukturansatz könnte wieder neue Anlagen nach sich ziehen. Wir haben große Bedenken, dass hierdurch quasi informelle Vorranggebiete für problematische Infrastruktur im Aussenbereich entstehen könnten.
Mit der Verabschiedung dieses Kriterienkatalogs geben sie ein klares Signal an jeden Bürgermeister und Investor: Mit der Region ist im Zweifelsfall fast alles möglich. Dieses Signal ist falsch und daher abzulehnen. DIE LINKE stimmt gegen den vorliegenden Kriterienkatalog.
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Nachtrag:
Der Kriterienkatalog wurde gegen die Stimmen der Gruppe DIE LINKE beschlossen.