Rede - Teilfortschreibung Vorranggebiete für Windenergie und Photovoltaik

Johanna Rech

Rede von Johanna Rech, neue Vorsitzende der Fraktion Linke.Piraten.SÖS, in der Regionalversammlung am 2.4.2025 zu TOP 3 und 4: "Teilfortschreibung des Regionalplans zur Festlegung von Vorbehaltsgebieten und Öffnung der Regionalen Grünzüge für Freiflächen-Photovoltaik sowie zur Festlegung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen" – 2. Offenlage.


Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Vorsitzender,
Liebe Kolleg*innen,

das Eis schmilzt, der Meeresspiegel steigt, Hitzerekorde und Überflutungen kosten weltweit Menschenleben – das sind die Folgen einer Klimakrise, die das Überleben der Menschheit gefährdet.

Wir erleben den Zusammenbruch des Klimas in Echtzeit - das warnte UN-Generalsekretär Guterres zum Jahresbeginn.
Klimaschutz ist eine, vielleicht sogar die zentrale Herausforderung unserer Zeit!

Seit Jahren schon wird vorm Klimawandel gewarnt, und doch tut sich in der Politik viel zu wenig! Das 1,5° Ziel des Pariser Klimaabkommens wurde im letzten Jahr bereits überschritten. Gleichzeitig scheinen die Widerstände gegen den dringend nötigen ökologischen Wandel der Wirtschaft eher größer zu werden und Maßnahmen zum Klimaschutz kommen viel zu langsam zum Tragen.

Ich stehe hier als eines der jüngsten Mitglieder der Regionalversammlung und weiß, dass ich zur Generation gehöre, die die Folgen des Klimawandels tragen wird.

Wir alle haben in den letzten Jahren immer mehr extreme Hitzeperioden und Hochwasserereignisse auch bei uns in der Region erlebt, und Prognosen sagen, dass solche Ereignisse, in Folge der Klimakatastrophe, immer weiter zunehmen werden.

Wir alle müssen jetzt Verantwortung für kommende Generationen übernehmen und Klimaschutzmaßnahmen vorantreiben!

Die Energiebranche war im vergangenen Jahr immer noch für rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deshalb kommt der Energiewende eine zentrale Bedeutung in der sozial-ökologischen Transformation zu. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss jetzt endlich ernsthaft betrieben und gefördert werden! Wir brauchen in Baden-Württemberg und auch bei uns in der Region Stuttgart viel mehr Photovoltaik- und Windkraftanlagen, um unseren Energiebedarf zu decken.

Im Bereich der Photovoltaik finde ich es schade, dass die von uns als Regionalversammlung ausgewiesenen Vorranggebiete nur Photovoltaikanlagen erlauben und Solarthermie aufgrund der Landesvorgaben pauschal ausgeschlossen wird. Auch fehlen mir bei der Debatte Überlegungen, wie Agri-PV, also die Verknüpfung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit landwirtschaftlicher Nutzung, gefördert werden kann.

In einer so dicht besiedelten Region wie der Region Stuttgart müssen außerdem endlich und vor allem die Potenziale für Photovoltaik auf Gebäudedächern und Parkplätzen genutzt werden! 78% der Dachflächen unserer Region sind laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme für Photovoltaik geeignet. Das ist ein immenses Potenzial! Große Teile unseres Energiebedarfs könnten so direkt vor Ort produziert werden, ohne dafür zusätzliche Flächen zu versiegeln.

Mit dem heutigen Beschluss zur zweiten Offenlage der Vorranggebiete für Freiflächen-Photovoltaik hoffen wir trotzdem, dem Ziel einer bezahlbaren, regenerativen Energieversorgung einen Schritt näher zu kommen.

Auch Windenergie wird ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige und klimaresiliente Zukunft unserer Region sein!

Als Fraktion sehen wir in der Windkraft ein Potenzial, Energie ressourcenschonend und unabhängig von  globalen Energiekonzernen zu erzeugen. Wir wollen eine Energiewende, die demokratischen, sozialen und ökologischen Werten entspricht! Das wird durch dezentrale Strukturen wie zum Beispiel lokale Energiegenossenschaften und Bürgerenergie möglich. Damit könnten die Menschen unserer Region unabhängig werden, von den Strompreiserhöhungen großer Konzerne. Die dezentrale Energieversorgung ermöglicht Planungssicherheit und Unabhängigkeit.

Besonders für die Windkraft ist es in der Region allerdings schwierig, genügend geeignete Flächen zu finden. Das liegt an der Siedlungsdichte und auch an Kriterien wie einem ausreichenden Windvorkommen und den Belangen des Naturschutzes.

Umso mehr begrüßen wir es, dass weitere Gebiete, wie die Buocher Höhe in Waiblingen, nun doch die Möglichkeit erhalten, in die Planungskulisse aufgenommen zu werden. Positiv sehen wir auch, dass das Ausschlusskriterium der Wasserschutzgebiete nicht dogmatisch umgesetzt werden soll, sondern im Einzelfall geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung gegeben sind. Hier gilt es die beiden wichtigen Güter des Naturschutzes und des
Klimaschutzes abzuwägen und einen Kompromiss zu finden - und sie nicht gegeneinander
auszuspielen.

Wir hoffen, dass durch diese Maßnahmen die Gebietskulisse der Vorranggebiete erweitert werden kann. Mit Blick auf die Dringlichkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien ist für uns ganz klar, dass wir so viele geeignete Vorranggebiete ausweisen müssen, wie möglich!

Im Ergebnis des Planungsausschusses letzte Woche kamen wir nach gründlichen Abwägungen nur auf etwa 1,9% der Fläche der Region, die als Vorranggebiete für Windkraftanlagen übrig bleiben. Damit liegen wir zwar über dem vorgegebenen Mindestwert, wir hatten aber auf weit mehr gehofft.

Und Gebiete, die nach den sorgfältigen Abwägungen in den letzten Wochen, alle unsere Kriterien für Windkraft-Vorranggebiete erfüllen, jetzt aus der Planungskulisse zu nehmen ist für uns unverständlich!

Mit dem heutigen Antrag von CDU/ÖDP, FDP, SPD und den Freien Wählern sollen zum Teil große Gebiete aus der Planung genommen werden, obwohl sie allesamt als Vorranggebiet geeignet sind. Auch wenn wir ohne diese Gebiete trotzdem die 1,8% der Regionsfläche erreichen, die vom Land gefordert sind, ist das für uns vollkommen unzureichend als Begründung, um auf gut geeignete Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen zu verzichten! Wie immer wollen die großen Parteien hier nur den Mindestbeitrag leisten, statt mit Weitblick zu agieren.

Die Ausweisung von Vorranggebieten ist zwar ein wichtiger Schritt, dabei sollten wir aber auch alle geeigneten Flächen, die unsere beschlossenen Kriterien erfüllen, in die Planungskulisse mit aufnehmen, und nicht den Weg des Minimalkonsens gehen.

Und auch über die heutigen Beschlüsse hinaus müssen wir noch viel mehr tun, um Klimaschutzmaßnahmen in der Region voranzutreiben!
Wir wollen eine nachhaltige Region der erneuerbaren Energien!

Mein Dank gilt zum Schluss den Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle, die in den letzten Wochen und Monaten intensiv an der Aufbereitung der Stellungnahmen und an der daraus resultierenden Anpassung der Planungskulisse gearbeitet haben.