Rede: Aktivitäten des Bundes zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse

Rede von Regionalrat Christoph Ozasek, Fraktionsvorsitzender der LINKEN, am 3.4.2019 in der Regionalversammlung Stuttgart zu TOP 3: Aktivitäten des Bundes zur „Herstellung Gleichwertiger Lebensverhältnisse", Perpektive des Verbands Region Stuttgart.

Christoph Ozasek

Herr Vorsitzender,

liebe Frau Dr. Schelling,

werte Kolleginnen und Kollegen,

es wird Sie nicht weiter verwundern, dass unsere Erwartungshaltung an eine Kommission unter Vorsitz von Horst Seehofer äußerst begrenzt ist. Wer im besten AfD-Sprech mit der Aussage, Migration sei die „Mutter aller Probleme“, rechter Hetze Vorschub leistet ist kein Vordenker in Sachen Willkommenskultur. Ohne Migration und Weltoffenheit gäbe es keinen Wohlstand in unserer Region.

Mit der heutigen Vorlage unternimmt die Verbandsspitze den Versuch einer Positionsbestimmung in der Regionalversammlung zur Arbeit dieser Kommission. Das gestaltet sich naturgemäß schwierig, denn die politischen Sichtweisen in diesem Saal könnten kaum unterschiedlicher sein.

Die Zustandsbeschreibung ist durchaus an vielen Punkten richtig: Die Wohnraumknappheit ist die neue soziale Frage. Explodierende Mieten sorgen dafür, dass in Stuttgart die Hälfte aller Mieterhaushalte ein Recht auf eine Sozialmietwohnung haben, es jedoch durch Privatisierung und Marktgläubigkeit überhaupt keine gibt. Richtig ist, dass Gentrifizierungsprozesse den sozialen Zusammenhalt zerstören und die Menschen Angst haben ihre Wohnung zu verlieren.

Und sich in unserer unter ökonomischem Verwertungsdruck stehenden Region eine neue funktional-räumliche Entkopplung initiiert, die den täglichen Kollaps der Verkehrsadern verstärkt. Alles richtig! Aber wo sind unsere Vorschläge die soziale und ökologische Krise abzuwenden?

Positiv gewürdigt wird der §13b (BauGB): Privilegiertes, naturzerstörerisches und ressourcenintensives Wohnen im Einfamilienhaus am Ortsrand mit Stadtpanzer vor der Garage ist nicht unsere Vorstellung einer urbanen Stadtregion, die widerstandsfähig ist gegen den Klimawandel. Hier wird der Stau von morgen in Beton gegossen und fleißig in die Klimakrise investiert.

Anstelle eines klaren Bekenntnisses zu einer Mobilitätskultur die uns gesund macht, nicht länger unsere Städte zerstört und der Zersiedelung entgegenwirkt, einer Mobilitätskultur, die den Übergangspfad zu einer klimaneutralen und umweltschonenden Mobilität markiert, kommt ein allgemein gehaltenes Bekenntnis zu mehr „erforderlicher Mobilität“. Das ist keine Haltung der wir folgen. Wer in Straßenbau investiert, der will den Planeten in die Knie zwingen. Und statt gleichwertiger Lebensverhältnisse eine globale Klimakrise herbeiführen.

Der Empfehlungspunkt 4 erschließt sich überhaupt nicht, da gerade der Breitbandausbau ein privatwirtschaftlich betriebener Prozess ist.

Einzig Punkt 5 zur Empfehlung verdichteter und flächensparender Bauweisen ist in der Sache richtig, betont jedoch erneut die Siedlungsentwicklung auf unverzichtbarem Boden, den wir kommenden Generationen zwingend erhalten müssen, um nicht Raubbau an der Zukunft zu betreiben! Ich erinnere daran: Als unsere Fraktion die Anhebung der Bruttowohndichtevorgaben im Regionalplan beantragt hatte, um bodenschonend zu bauen, sperrte sich die Verwaltung und eine breite Mehrheit gegen diesen Schritt. Weniger Sonntagsreden und stattdessen entschiedenes Handeln sind gefragt!

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir sind eine strukturschwache Region, was bezahlbares Wohnen anbelangt. Eine strukturschwache Region, was Klimaschutz anbelangt. Ein Entwicklungsland in Sachen Energiewende.

Was unsere Region braucht ist eine politische Deckelung der Mieten, um der Spekulation zu begegnen! Die Hemmnisse für die Energiewende in der Region müssen endlich aus dem EEG gestrichen werden, damit die Windenergie an Fahrt aufnimmt und die solaren Potentiale gehoben werden! Unsere Region braucht eine Investitionsoffensive nicht in Straße sondern in die Schiene, und nicht Stuttgart 21, das schwarze Loch für Steuermilliarden!

Wer die Welt retten will muss diesen Beschlussantrag ablehnen.