Haushaltsberatung: DIE LINKE fordert mehr soziale Teilhabe und eine nachhaltige Entwicklung

Christoph OzasekRede

Herr Vorsitzender, werte Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Frau Dr. Schelling, Sie haben in ihrer Einbringungsrede den Haushaltsentwurf mit dem Dreiklang - „Erfolgreiches weiterführen, Vorreiter sein und neue Aufgaben anpacken“ - zur Beratung vorgelegt. DIE LINKE hat in diesem guten Sinne 19 Anträge eingebracht, um wegweisende Kurskorrekturen im neuen Haushaltsjahr auf den Weg zu bringen. Für eine Region, die sich stärker der sozialen Daseinsvorsorge widmet, zukünftigen Generationen eine intakte Umwelt übergibt und dafür bereits heute das Fundament einer nachhaltigen Entwicklung legt.

Herr Vorsitzender,

werte Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Frau Dr. Schelling,

Sie haben in ihrer Einbringungsrede den Haushaltsentwurf mit dem Dreiklang - „Erfolgreiches weiterführen, Vorreiter sein und neue Aufgaben anpacken“ - zur Beratung vorgelegt.

DIE LINKE hat in diesem guten Sinne 19 Anträge eingebracht, um wegweisende Kurskorrekturen im neuen Haushaltsjahr auf den Weg zu bringen. Für eine Region, die sich stärker der sozialen Daseinsvorsorge widmet, zukünftigen Generationen eine intakte Umwelt übergibt und dafür bereits heute das Fundament einer nachhaltigen Entwicklung legt.

Das Erfolgsprojekt der Region schlechthin ist die S-Bahn. Sie ist das leistungsfähige, umweltfreundliche Mobilitätsrückgrat, um die immensen Pendlerströme im Verflechtungsraum zu bewältigen. Und der zentrale Baustein für eine nachhaltige, postfossile Verkehrswende in unserer hochverdichteten Region - jenseits der ressourcenintensiven und klimaschädlichen Automobilität, die immer mehr fruchtbare Böden zerstört und krankmachenden Lärm und Luftschadstoffe in die Städte bringt. Ziel einer ökologischen Verkehrswende ist aus unserer Sicht ein vernetztes, multimodales Mobilitätsangebot, das alle Winkel der Region erschließt, und das private „Besitzen“ eines PKWs schrittweise überflüssig macht.

Die Regionalversammlung hat in diesem Jahr erneut wichtige Verbesserungen im Gegenwert von 3,3 Millionen Euro auf die Schiene gebracht. Unter anderem mit der Ausweitung des 15-Minuten-Takts in der Hauptverkehrszeit, längeren Zügen auf der S1, Verbesserungen auf der S3 und der S6.

Besonders erwähnenswert ist uns die Schusterbahn von Untertürkheim nach Kornwestheim mit 4 neuen Verbindungen. Das ist noch nicht der von uns LINKEN favorisierte S-Bahn-Vorlaufbetrieb, aber ein wichtiger Zwischenschritt zu einem leistungsfähigen Bypass für die überlastete S-Bahn-Stammstrecke, also dem betrieblichen Nadelöhr im fahrlässig unterfinanzierten Schienennetz.

Wir schlagen vor, die Gäubahn als weitere Tangentiale zur Entlastung der Verkehrsdrehscheibe Hauptbahnhof zu erhalten, und dabei die Regionalbahn-Varianten Ludwigsburg-Böblingen und Hemmingen-Dettenhausen zu integrieren. Damit wäre auch der Weg für einen Regionalbahnhalt in Vaihingen geebnet. Bereits heute ein Verkehrsknotenpunkt mit täglich über 1.000 Bus-, U-Bahn- und S-Bahnfahrten zu 17 Zielen, und die Wunschvariante der Bürgerbeteiligung im Filderdialog - nicht wie oft fälschlicherweise behauptet die Variante „Filderbahnhof Plus“, deren Leistungsfähigkeit und Finanzierung bis heute nicht ersichtlich sind.

Um S-Bahn und VVS erfolgreich weiterzuführen, müssen jedoch die sozialen und baulichen Barrieren im ÖPNV-Angebot der Region fallen. Bei den Maßnahmen für blinde und sehbehinderte Menschen ist der VVS Schlusslicht in Deutschland. Wichtige Verkehrsknoten erfüllen bis heute nicht die Mindestanforderungen der Barrierefreiheit. Deshalb werben wir LINKEN für eigene regionale Qualitätsstandards, auch im Hinblick auf zukünftige Ausschreibungen. Denn es ist nicht zu akzeptieren, dass bei den neuen ET430 die barrierearme Ausgestaltung durch die defekten Schiebetritte sogar noch schlechter ausfällt, als bei den Vorgängermodellen. Und ob es je funktionsfähige Schiebetritte geben wird, die der realen Betriebslast Stand halten, ist noch nicht abzusehen.

Soziale Barrieren hat auch der Gemeinderat in Stuttgart endlich erkannt, und mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, B90/Grüne, SPD, SÖS-LINKE-PluS und der FDP das neue Sozialticket auf den Weg gebracht. Für 11 % der Stadtbevölkerung in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen erleichtert dies die Teilhabe am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. Es wird Zeit, dass die große Mehrheit der Regionalversammlung und die Landräte dem guten Beispiel Stuttgarts folgen. Ein regionales Sozialticket bleibt ein Gebot der Gerechtigkeit angesichts der massiven Ticketpreissteigerungen der vergangenen Jahre und dem beklagenswert geringen sozio-kulturellen Existenzminimum, das der Gesetzgeber definiert hat.

Mit dem Ziel, mehr Menschen für den VVS zu gewinnen, schlagen wir eine regionale Kampagne mit Anreizen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel vor, sowie die Ausweitung des Metropol-Tickets auf Jahres-, Monats- und Wochenkarten, um ein attraktiveres Tarifangebot für mehrere 10.000 Berufspendler zu schaffen, die täglich die Grenzen des VVS passieren.

Auch die fehlende Nahversorgung in vielen Gemeinden und abgehängten Stadtteilen stellt für die wachsende Zahl mobilitätseingeschränkter Menschen eine Barriere dar. Laut Regionalmonitor verfügen 36 von 179 Gemeinden über keine Lebensmittelversorgung vor Ort. Konkrete Folge der Discounter-Politik, die mit ihrer Strategie der autogerechten Ortsrandlagen intakte Ortskerne gefährden. Derselbe Kaufkraftkannibalismus zeigt sich auch in der andauernd ruinösen Shopping-Mall-Schlacht der Städte. Hier muss die Region gegensteuern, damit aufgrund des demographischen Wandels und der sprunghaft ansteigenden Altersarmut ein gutes Leben auch in kleinen Gemeinden gewährleistet bleibt.

Zudem sehen wir dringenden Handlungsbedarf, urbane Erholungsflächen in hochbelasteten und verdichteten Stadtquartieren zu realisieren. Hierzu regen wir ein neues regionales Fördermodell an, parallel zum erfolgreichen Landschaftsparkprogramm, dessen schiefes Budget aus mehrjährigen Kofinanzierungen durch einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 375.000 Euro korrigiert werden sollte.

Beim großen Querschnittsthema Nachhaltigkeit bleibt die Region bislang blass. Mit einem Klimaschutzvorbehalt für Infrastrukturvorhaben werben wir weiterhin für eine umweltpolitische Vorreiterfunktion, besonders im Hinblick auf den neuen Regionalverkehrsplan. Dafür soll die Verwaltung innovative Werkzeuge zur Klimafolgensimulation in Zusammenarbeit mit namhaften Forschungsinstituten und Hochschulen entwickeln.

Mit der anstehenden Gewerbeflächenausweisung entlang der A81 setzt eine Mehrheit der Regionalversammlung leider ein grundfalsches Signal. Flächenfraß auf der grünen Wiese, mit immensen Schäden an schutzwürdigen Gütern und ohne Schienenanschluss ist mit uns LINKEN nicht zu machen. Mit dieser Angebotsplanung werden alle sonstigen Bemühungen der Region um den Erhalt wertvoller Freiflächen ad absurdum geführt.

Damit die Region Kurs auf nachhaltiges Handeln nehmen kann, benötigt sie einen strategischen Kompass: Den ökologischen Fußabdruck. Denn Ressourceneffizienz, Energiewende und Klimaschutz müssen als Einheit verstanden werden, da der Ressourcen-, Energie- und Flächenhunger in der Region ungebrochen ist.

Ja, wir LINKEN wollen eine Vorreiter-Rolle der Region, mit einer auskömmlichen Finanzierung neuer Modellvorhaben und kreativen Fachleuten in der Verwaltung. Um diese Mehrausgaben zu finanzieren, fordern wir die Auflösung der kapitalisierten Rücklage für Stuttgart 21. Die Erörterung zum Planfeststellungsabschnitt 1.3 hat erneut eindrücklich gezeigt, dass S21 keinen Mehrwert für den regionalbedeutsamen Verkehr bringt, sondern durch gravierende Planungsfehler den S-Bahn-Betrieb weiter destabilisiert. Wir gehen mittlerweile von einer systematischen, vorsätzlichen Täuschung durch die Bahn AG aus, sowohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, den tatsächlichen Kosten und der Sicherheit für die Fahrgäste. Es gibt daher keine Grundlage für eine regionale Mitfinanzierung und Projektpartnerschaft.

Abschließend bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion bei der Verwaltung für die Vorlage des äußerst übersichtlichen Haushaltsplanentwurfs, und für die kompetente Begleitung der Antragsberatung in den kommenden Wochen.