Ganzheitliche Mobilität fördern

Politische Aufgabe für die Region muss nach unserer Ansicht die Förderung der Intermodalität bzw. Multimodalität sein. Dies bedeutet die Förderung eines ganzheitlichen Mobilitätsangebotes, das die Menschen in der Region unabhängig vom echten oder vermeintlichen Zwang zum eigenen PKW macht. Bestandteile dieses Mobilitätsangebotes sind ein auch in Außenbereichen flächendeckender attraktiver ÖPNV sowie die Bereitstellung von ergänzenden Angeboten für unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse wie zB Fahrradverleih und Car-Sharing.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

die Diskussion um zukunftsfähige Konzepte zur Mobilität treibt manchmal seltsame Blüten. Da wird nämlich oft so getan, als sei die Hauptaufgabe einfach nur die Änderung der Antriebstechnik beim motorisierten Individualverkehr. Dabei wird dann unterschlagen, daß der Wechsel vom Verbrennungs- zum Elektromotor bestenfalls einen kleinen Teil der heutigen Probleme der individuellen Mobilität löst.

 

Zweifellos sind Elektrofahrzeuge leiser als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Doch schon beim Schadstoffausstoß findet zum Teil nur eine Verlagerung und auch nicht unbedingt eine Verringerung statt. Wird ein Elektrofahrzeug mit herkömmlichen Strom betrieben, ist der Schadstoffausstoß – wenn auch an anderer Stelle – unter Umständen 30–50% höher als derjenige von vergleichbaren Fahrzeugen mit optimierten Verbrennungsmotoren. Auch der eigentliche Energieverbrauch ist bei einer Bruttobetrachtung nicht zwingend geringer.

Viele Probleme unseres heutigen Mobilitätsmodells kann der Elektroantrieb jedoch gar nicht lösen oder zumindest verringern:

- Den allgemeinen Ressourcenverbrauch für Herstellung, Unterhalt und Entsorgung von Fahrzeugen

- Den hochsubventionierten Flächenfraß in Stadt und Land durch Verkehrsinfrastruktur

- Die Unwirtlichkeit vieler Städte und Gemeinden durch die Ausrichtung des öffentlichen Raumes überwiegend für Fahr- und Parkbedürfnisse

- Das Leiden der nach wie vor viel zu vielen Verkehrsunfallopfer

 

Deswegen ist die reine Beschränkung von zukunftsfähiger Mobilität auf den Wechsel der Antriebsart nach Meinung der LINKEN keine zukunftsfähige Politik, sondern die Unterstützung von Industrieinteressen, die auf eine Fortschreibung ihrer alten Geschäftsmodelle setzen – letztendlich ist es also nicht mehr als alter Wein in neuen Schläuchen.

 

Die Vielfalt der Förderprogramme aller politischen Ebenen für Elektromobilität hat daher für die LINKE viel mit Subvention von – im Übrigen hochprofitablen – Privatunternehmen und sehr wenig mit wirklich nachhaltiger, zukunftsfähiger und sozialer Entwicklung ganzheitlicher Mobilitätsangebote zu tun.

Diese Subventionen sind ein Beitrag zum „Greenwashing“ von Unternehmen, die selbst nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre Geschäftsmodelle unter ökologischen Gesichtspunkten auf den Prüfstand zu stellen. Eine weitere Subvention dieser privaten Unternehmensinteressen durch die Region hält die Linke für kontraproduktiv und lehnt diese daher ab.

Wir fordern daher, dass die Region keine Maßnahmen fördert, die lediglich den Wechsel der Antriebsart zum Ziel haben. In der Vorlage 63/2012 beantragen wir unter 2. „Übergeordnete Leitlinien und Inhalte des regionalen Programms „Modellregion für nachhaltige Mobilität“ die Streichung des dritten Unterpunktes „Die Potenziale neuer Mobilitätsformen auf Basis regenerativer Energien werden erkannt und ausgeschöpft.“

 

Politische Aufgabe für die Region muß nach unserer Ansicht die Förderung der Intermodalität bzw. Multimodalität sein. Dies bedeutet die Förderung eines ganzheitlichen Mobilitätsangebotes, das die Menschen in der Region unabhängig vom echten oder vermeintlichen Zwang zum eigenen PKW macht. Bestandteile dieses Mobilitätsangebotes sind ein auch in Außenbereichen flächendeckender attraktiver ÖPNV sowie die Bereitstellung von ergänzenden Angeboten für unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse wie zB Fahrradverleih und Car-Sharing. Weiterhin gehört zu diesem Mobilitätsangebot die Beseitigung von Zugangshürden durch attraktive Tarife sowie einheitliche Buchungs- Zugangs- und Abrechnungssysteme. Natürlich muß ein derartiges Angebot auch für die gering verdienenden bzw. arbeitslosen Menschen dieser Region erschwinglich sein.

Planerische Aufgabe ist die Stärkung von lokaler und regionaler Infrastruktur mit dem Ziel, Wege zu vermeiden oder zumindest zu verringern.

 

Die weiteren Unterpunkte der Leitlinien werden diesem Anspruch gerecht. Deswegen unterstützt die LINKE die Umsetzung dieser Punkte. Die Rolle der Region kann sich aber nicht nur auf die Förderung von Projekten Dritter beschränken. Notwendig ist vielmehr ein regionales Leitbild, wie Mobilität der Zukunft in der Region aussehen soll.

Die Arbeitsgruppe Mobilität hat leider mehrheitlich eine Leitbilddiskussion abgelehnt, obwohl der Wunsch auch von anderen Teilnehmern formuliert wurde. Ohne grundlegendes Leitbild besteht aber bei Förderprogrammen immer die Gefahr der Beliebigkeit. Deswegen appellieren wir nochmals an die Fraktionen, eine derartige Leitbilddiskussion zu führen.

 

Meine Damen und Herren, „irgendwie und irgendwas in Elektromobilität“ machen viele. Scheininnovative Schaufensterprogramme lösen keine Verkehrsprobleme. Die Region hat immer noch die Chance, durch ganzheitliche und nachhaltige Konzepte eine verkehrspolitische Führungsrolle in Europa zu spielen. Lassen sie uns diese Führungsrolle ohne Verzettelung der knappen öffentlichen Ressourcen gemeinsam wahrnehmen.