Antrag: Behindertenbeauftragte*r für den Verband Region Stuttgart

Antrag zum Regionalhaushalt 2023, eingebracht am 24.10.2022.


Ergebnis:

Abgelehnt im Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung (WIV) am 30.11.2022. Die Verwaltung betrachtet die Aufgabe als integralen Bestandteil der Facharbeit in der Geschäftsstelle, die im Ausschuss bei den jeweils betroffenen Sachverhalten mit dargestellt wird. Stattdessen bot die Geschäftsstlle eine jährliche Konferenz für Behindertenbeauftragte in der Region, für die 20.000 € pro Jahr im Haushalt eingestellt werden soll. Aufgrund der von uns beantragten Abstimmung über den Originalantrag kam dies nicht zustande.



Die Regionalfraktion DIE LINKE/PIRAT beantragt:

1.  Der Verband Region Stuttgart (VRS) richtet die ehrenamtliche Stelle eines/einer Behindertenbeauftragten für den VRS ein. Diese*r Behindertenbeauftragte wird nach entsprechender Ausschreibung von der Regionalversammlung für 5 Jahre gewählt. Die/der Behindertenbeauftragte soll selbst ein schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX sein.

2.  Der/die Behindertenbeauftragte hat Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung, die derjenigen eines/einer Fraktionsvorsitzenden einer mittleren Fraktion gemäß der jeweils geltenden Entschädigungssatzung entspricht.

3.  Der/die Behindertenbeauftragte hat folgende Aufgaben:

  • Stellungnahmen zu allen Beschlussvorlagen des VRS, die die Belange (schwer-) behinderter Menschen betreffen
  • Vorschläge an die Regionalversammlung sowie deren beschließende Ausschüsse zum Abbau von Barrieren für (schwer-) behinderte Menschen
  • Stellungnahmen bzw. Vorschläge, die dazu dienen, das Handeln der Verwaltung barrierefrei zu gestalten.

4.  Der/die Behindertenbeauftragte übt die Tätigkeit im Rahmen des § 15 L-BGG aus und hat dabei insbesondere folgende Rechte:

  • Rederecht in öffentlichen Sitzungen der Regionalversammlung sowie deren beschließenden Ausschüssen zu allen Tagesordnungspunkten, die die Belange (schwer-) behinderter Menschen betreffen
  • Teilnahmerecht sowie Rederecht an nichtöffentlichen Sitzungen der Regionalversammlung sowie deren beschließenden Ausschüssen zu allen Tagesordnungspunkten, die die Belange (schwer-) behinderter Menschen betreffen.

5.  Der/die Behindertenbeauftragte organisiert seine/ihre Arbeit eigenverantwortlich. Dies betrifft insbesondere die Heranziehung von Hilfsmitteln oder Hilfskräften. Dem/der Behindertenbeauftragten sind dieselben Kommunikationsmittel mit denselben Zugängen wie den Mitgliedern der Regionalversammlung zum Informationssystem des VRS zur Verfügung zu stellen. Der/die Behindertenbeauftragte unterliegt denselben Verschwiegenheitspflichten – insbesondere bezüglich nichtöffentlicher Sitzungen – wie die Mitglieder der Regionalversammlung. Der/die Behindertenbeauftragte berichtet einmal im Jahr der Regionalversammlung über seine/ihre Arbeit sowie über den Stand der Herstellung von Barrierefreiheit in Bezug auf die Aufgaben des VRS sowie der Verwaltungsorganisation. Der Bericht ist den Mitgliedern der Regionalversammlung sowie der Verwaltung zusätzlich in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen.

6.  Der Mittelbedarf für die Stelle ist im Haushalt zu veranschlagen.

 

Begründung:

Durch § 1 in Verbindung mit § 5 des Landesgesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Landes-Behindertengleichstellungsgesetz – L-BGG[i]) vom 17.12.2014 ist die Gleichstellung sowie die Ermöglichung möglichst umfassender Teilhabe von behinderten Menschen in Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, des Grundgesetzes sowie der Landesverfassung von Baden-Württemberg auch Aufgabe aller kommunalen Ebenen in Baden-Württemberg. § 2 L-BGG schließt auch ausdrücklich „Gemeindeverbände und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ in den Geltungsbereich ein. Es ist daher nicht begründbar, warum der VRS – auch wenn er nicht ausdrücklich im L-BGG erwähnt wird – als kommunales Selbstverwaltungsorgan von den Verpflichtungen des L-BGG generell ausgeschlossen sein sollte.

Nach wie vor gibt es im Aufgabenbereich des VRS – insbesondere, aber nicht nur im Bereich der S-Bahn – erhebliche Mängel in der Barrierefreiheit. Auch das Handeln der Verwaltung sowie der Zugang zu Informationen ist nicht nach den Grundsätzen der Barrierefreiheit organisiert.

Ein*e Behindertenbeauftragte*r ist ein bereits bewährtes Mittel, um die Anforderung zur Herstellung von Barrierefreiheit als Grundlage des Handelns des VRS voranzubringen.

Da das L-BGG hauptamtliche Behindertenbeauftragte nur für Stadt- und Landkreise vorschreibt, erscheint die Wahl eines/einer ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten angesichts der Zuständigkeiten des VRS als ausreichend.

Auch gegen die Teilnahme an nichtöffentlichen Beratungen als sachverständige Person bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken.

 


[i] Für den vollständigen Text siehe https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/Landes_Behindertengleichstellungsgesetz_L-BGG.pdf.