Antrag: Erinnern ist Zukunft - Demokratie in der Region stärken

Antrag zum Haushalt 2025 im Bereich Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung, eingebracht am 19.10.2024.



Die Fraktion Linke.Piraten.SÖS beantragt:

Der Verband Region Stuttgart (VRS) beschließt, die interkommunale Vernetzung bei der Erinnerungsarbeit nachhaltig zu stärken. Hierfür wird zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus ein Projektfonds in Höhe von 80.000 Euro für das Haushaltsjahr 2025 bereitgestellt, z. B. zur Förderung vor Initiativen zur Verlegung von Stolpersteinen, Errichtung von Gedenkorten oder Unterstützung von Veranstaltungen für Verfolgte des NS-Regimes in der Region – wobei das Motto „Erinnern ist Zukunft“ im Mittelpunkt stehen soll.

Zudem könnte es einen von der Region ausgeschriebenen und mit Preisen dotierten Wettbewerb für Schüler*innen, Auszubildende, Studierende, usw. zum Thema „Erinnern ist Zukunft“ geben.


Begründung

„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

(Richard von Weizsäcker, 8. Mai 1985)

Die Gemeinden in der Region Stuttgart sind Erinnerungslandschaften. Archive, Denkmäler, Gedenkstätten, Museen und Straßennamen in den 179 Gemeinden fördern das Geschichtsbewusstsein. Sie bilden einen wesentlichen Anker unserer Demokratie. Erinnerungskultur ist deshalb ein bedeutendes Thema für die Regionalversammlung Stuttgart.

Erinnerungskultur in der Region beginnt mit Antike und Mittelalter und wird durch den unmittelbaren Gegenwartsbezug lebendig. Zugleich bilden die neuere Geschichte und der Nationalsozialismus sowie der Imperativ des „Nie wieder!“ deren zentralen Bezugspunkt. So z. B. die 2010 vom VRS veröffentlichte Broschüre über regionalbedeutsame Kulturdenkmale oder last but not least das Projekt „Jüdische Kultur und Geschichte in der Region Stuttgart“.

Am 8. Mai 2025 jährt sich der 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg. Angesichts der Zunahme von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit und des Aufstiegs von Populisten und Rechtsextremisten auch in unserer Region ist das öffentliche Erinnern verstärkt vor den Gefahren von Umdeutungen und politischer Manipulation zu schützen. Erinnerungskultur ist eine wesentliche Aufgabe kommunaler und regionaler Kulturpolitik und sollte weiterhin Bestandteil der strategischen Gesamtziele des VRS sein. Es geht um

• die Förderung des Geschichtsbewusstseins
• die Stärkung von Demokratiefähigkeit und Zivilcourage
• die Gestaltung einer durch Diversität geprägten Region und Teilhabe
• die Unterstützung emotionaler Kompetenzen der Bewohner*innen in der Region
• einen Beitrag zur kollektiven Selbstvergewisserung in unserer Region, die die Heimat/das Zuhause von 2,8 Millionen Menschen ist.

Individuen gehören unterschiedlichen Erinnerungsmilieus an. Dies gilt auch für Erinnerungsnarrative von Menschen mit Migrationsgeschichte. Anstelle einer Engführung des Geschichtsbewusstseins entlang von Herkünften sollte die gegenseitige Bereitschaft zu aktivem, wertschätzendem Dialog treten. Hierzu können insbesondere partizipationsorientierte Formate mit migrantischen Akteurinnen und Akteuren sowie Migrantenselbstorganisationen dienen. Diese sollten die Folgen diskriminierender oder rassistischer Haltungen mit reflektieren. Das dient sowohl der Anerkennung einer von Diversität geprägten Gesellschaft als auch der Stärkung unserer Demokratie.